18.05.2024

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Folge 19-23 vom 12. Mai 2023 / Herbert Gruhl / Geburtshelfer der Grünen / Mit Liebe zu Deutschland – Gedenkschrift zum 100. Geburtstag

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-23 vom 12. Mai 2023

Herbert Gruhl
Geburtshelfer der Grünen
Mit Liebe zu Deutschland – Gedenkschrift zum 100. Geburtstag
Peter Backfisch

Eineinhalb Jahre nach Herbert Gruhls 100. Geburtstags legt der Gerhard Hess Verlag die beachtenswerte Gedenkschrift „Der Umweltschützer mit Liebe zu Deutschland“ zum Wirken des Vordenkers einer neuen ökologischen Politik und dem Geburtshelfer der Grünen vor. Sein 1975 erschienenes Buch „Ein Planet wird geplündert. Die Schreckensbilanz unserer Politik“ machten ihn über Nacht bekannt. 

Die zentrale Aussage des Buches, „die Grenzen dieses Planeten Erde legen alle Bedingungen fest für das, was hier noch möglich ist“, erzeugten ein Erdbeben, das den Wirtschaftsflügel der CDU, seiner damaligen Partei, erschütterte. Der Parteivorsitzende Helmut Kohl quittierte das Buch mit Schweigen und sorgte dafür, dass Gruhl die nach der Bundestagswahl 1976 zugeteilten Aufgaben entzogen wurden. Im Sommer 1978 gründete dieser einen Tag nach seinem Austritt aus der CDU die „Grüne Aktion Zukunft“ (GAZ), deren Vorsitzender er wurde. Die Gründung einer Umweltpartei war damit auf den Weg gebracht. 

Bis zur Gründung der Partei „Die Grünen“ 1980 tummelten sich aber in diesem Vorfeld zahlreiche Bürgerinitiativen, alternative und bunte Listen, in denen konservative Umweltschützer (Baldur Springmann) wie auch ehemalige 

K-Gruppen Aktivisten und Spontis (Winfried Kretschmann, Joschka Fischer) eine neue Heimat zu finden glaubten.

In dem Band greifen zehn Autoren und Zeitgenossen Gruhls naturkonservative Überlegungen auf und stellen sie in den Kontext weiterer Entwicklungen bis in die heutige Zeit. Zur Einstimmung werden im ersten Kapitel weitere 15 Politiker, Autoren und authentische Stimmen vorangestellt, darunter bekannte Namen wie Franz Alt, Arnulf Baring, Erhard Eppler, Antje Vollmer und andere. 

Heinz-Sigfried Strelow gibt einen Überblick, wie die bundesdeutsche Presse den 100. Geburtstag Gruhls im Herbst 2021 würdigte. Dabei hielten es Blätter wie die „FAZ“, „Welt“, „Süddeutsche Zeitung“ und „taz“ nicht für nötig, an den großen Ökologen zu erinnern. Im weiteren Verlauf dieses Beitrags stellt Strelow auch die wichtigsten Bücher Gruhls vor und weist alle Versuche zurück, Gruhl in eine rechte Ecke zu stellen bis hin zu der oft verbreitenden Unterstellung, er habe eine „Ökodiktatur“ gefordert. Das Gegenteil war richtig! 

An einer Diktatur nicht interessiert

Der „Eine-Welt-Staat“ war für einen Konservativen wie Gruhl ein Albtraum. In „Ein Planet wird geplündert“ kam er zu dem Schluss, dieser würde eine „Öko-Diktatur“ bedeuten. Gruhl hatte bereits zwei Diktaturen erlebt und war deshalb an weiteren nicht interessiert.

Einen weiteren Beitrag zum Leben Gruhls liefert Rolf Stolz. Der Autor, selbst Mitstreiter und Gründungsmitglied der Grünen wie Gruhl, zeigt, wie die Sammlung ökologischer Umweltschützer aller Schattierungen bis zur Parteigründung 1980 ablief. Der Einfluss Rudi Dutschkes, der selbst die Parteigründung nicht mehr erleben durfte, er starb an Heilig Abend 1979, kommt dabei zur Sprache. Gruhl hatte ein respektvolles und wertschätzendes Verhältnis zu Dutschke. 

Stolz behauptet, mit dem Tode Dutschkes sei „ein entscheidender Pfeiler für die Bündniskonstruktion der sich gründeten Partei weggebrochen“. Er nennt es eine „folgenreiche politische Tragödie“. Dies auch deshalb, weil die damalige Linke um Dutschke „sehr viel rationaler und geerdeter war als der heutige Sumpf aus schulschwänzenden Hypersensibelchen und Klimahysterikern. Damals herrschte im Gegensatz zu heute noch eine offene Diskussion, auch mit den politischen Andersdenkenden.“ 

Weitere Beiträge gehen auf eine Tagung zum 100. Geburtstag von Gruhl am 5./6. November 2021 in Hannover zurück, so von Konrad Adam, „Herbert Gruhls Liebe zur Welt“, Michael Beleites „Herbert Gruhl und der ökologische Entropiegedanke“, Lothar Maier „Herbert Gruhls Liebe zu Deutschland“ und der von Volker Kempf „Die bedrohte Landschaft“, der aufgezeigt, wie Gruhls ökologisches Denken eine Beziehung von Mensch und Landschaft einschließt. 

Ergänzende Beiträge sind von Martin Dietrich, der den Begriffen Ökologie und Nachhaltigkeit auf den Zahn fühlt, Ursula Fink plädiert für eine Philosophie des Bewahrens, Martina Kempf blickt unter „Lebensschutz oder: wo bleibt der Mensch?“ auf die Parteiprogramme von ÖDP, CDU und AfD sowie die Politik der Regierungsparteien und die Linke. Alle Autoren greifen Guhls naturkonservative Überlegungen auf und setzen sie in Beziehung zur heutigen Zeit.

Volker Kempf (Herausgeber): „Der Umweltschützer mit Liebe zu Deutschland. Gedächtnisschrift für Herbert Gruhl“, Gerhard Hess Verlag, Bad Schussenried 2023, broschiert, 168 Seiten, 18,50 Euro