19.05.2024

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Folge 20-23 vom 19. Mai 2023 / Bremer Bürgerschaftswahl / Noch mehr als die SPD legten die Bürger in Wut zu / Die Stimmengewinne der Protestpartei kamen aus dem Lager der AfD, der CDU und der Nichtwähler

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-23 vom 19. Mai 2023

Bremer Bürgerschaftswahl
Noch mehr als die SPD legten die Bürger in Wut zu
Die Stimmengewinne der Protestpartei kamen aus dem Lager der AfD, der CDU und der Nichtwähler

Erleichterung bei den Sozialdemokraten, Liberalen und Linken, Ernüchterung bei CDU wie Grünen und möglicherweise ein neuer Faktor in der politischen Landschaft. Die Bürgerschaftswahl in Bremen und Bremerhaven brachte eine Menge Erkenntnisse. Fest steht nach der Wahl, deren finale Auszählung sich aufgrund des komplizierten Wahlrechts bis in die Wochenmitte hineinzog, dass der sozialdemokratische Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen, Andreas Bovenschulte, mit rund 30 Prozent weiter regieren kann. Ober er dies wie bisher mit einem rot-rot-grünen Bündnis tun oder der CDU die Rolle des Juniorpartners anbieten wird, ließ er am Wahlabend noch offen. 

Die Union hatte auf 30 Prozent gehofft, es wurden fünf Prozentpunkte weniger. Für Spitzenkandidat Frank Imhoff wäre eine Koalition mit der SPD eine Option. Dementsprechend präsentierte sich der Landwirt am Wahlabend mit einem optimistischen Dauergrinsen. Das war auch bei der Linkspartei zu sehen, die mit etwas mehr als elf Prozent gegen den Bundestrend ein erstaunlich gutes Ergebnis einfuhr. Während bei der FDP die Freude über den knappen Einzug überwog, herrschte bei den Grünen Katzenjammer. Die Öko-Partei verlor 5,4 Prozentpunkte und landete nur knapp vor den Linken auf Platz 3. 

Viele Augen richteten sich am Wahlabend auf Jan Timke. Bisher galt der frühere Beamte des Bundeskriminalamtes im politischen Bremen als Exot. Seit 2007 schaffte es der heute 52-Jährige bereits viermal, über den Umweg Bremerhaven in die Bürgerschaft einzuziehen. Aufgrund des Bremer Wahlrechts werden beide Stimmbezirke getrennt gewertet. Im Stadtgebiet Bremen spielte seine Wählervereinigung „Bürger in Wut“ (BIW) bisher keine Rolle, auch wenn in der Vergangenheit bereits Abgeordnete der Alternative für Deutschland während einer Legislaturperiode zu seinen Bürgern in Wut stießen. Diesmal profitierte Timkes Truppe davon, dass die in Bremen heillos zerstrittene AfD zwei konkurrierende Listen einreichte, von denen am Ende keine zugelassen wurde. Die AfD hat angekündigt, das Wahlergebnis anfechten zu wollen. Die Erfolgsaussichten werden aber eher als gering bewertet. 

Ohne rechte Konkurrenz vervielfachten die Bürger in Wut ihr Ergebnis und lagen zu Wochenbeginn bei 9,7 Prozent. In Bremen schafften sie den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde mit sieben bis acht Prozent locker und in ihrer Hochburg Bremerhaven wurden sie mit 22,7 Prozent zweitstärkste Kraft hinter der SPD. In einzelnen Stimmbezirken im Norden der krisengeschüttelten Hafenstadt kamen die BIW sogar zu Ergebnissen von rund 30 Prozent. 

Aufschlussreich ist ein Vergleich mit den Ergebnissen der letzten Wahl 2019. Damals bekamen die BIW 7,4 Prozent und die AfD 9,1 Prozent, beide zusammen also 16,5 Prozent und damit über sieben Prozentpunkte weniger als jetzt die BIW alleine. Laut Timke ist rund die Hälfte der Stimmen nicht aus dem AfD-Lager gekommen. 54 Prozent wählten gemäß einer Umfrage die BIW, weil die AfD dieses Mal nicht gewählt werden konnte. Mehrere tausend Stimmen nahmen die BIW der CDU ab, und aus dem Lager der bisherigen Nichtwähler bediente sich die Partei auch. „Wir waren das Sammelbecken für Unzufriedene“, sagte Timke. 

Die BIW wollen nun nach der Wahl direkt im Bündnis Deutschland aufgehen, einer AfD-Abspaltung mit bundespolitischem Anspruch. „Wir werden Bremen als Startschuss nehmen für die bundesweite Ausweitung der Partei“, erklärte Timke.P.E.