18.05.2024

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Folge 21-23 vom 26. Mai 2023 / Volksrepublik China / Verschärfter Kampf gegen die Spionage / Neue Gesetzgebung lässt mit unpräzisen Formulierungen der Exekutive mehr Spielräume

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-23 vom 26. Mai 2023

Volksrepublik China
Verschärfter Kampf gegen die Spionage
Neue Gesetzgebung lässt mit unpräzisen Formulierungen der Exekutive mehr Spielräume
Wolfgang Kaufmann

Am 1. Juli soll in der Volksrepublik China ein neu gefasstes Gesetz zur Spionageabwehr in Kraft treten. Es revidiert das bislang geltende Gesetz von 2014, zu dem 2017 detaillierte Durchführungsbestimmungen verabschiedet wurden, denen 2021 eine Reihe von staatlicherseits verordneten „Vorsichtsmaßnahmen zur Verhinderung von Spionage“ folgten. Den Kern des alten Gesetzes bildeten Paragraphen, welche die Weitergabe von Staatsgeheimnissen oder Geheimdienstinformationen unter Strafe stellten. Dahingegen heißt es in der von der Nachrichtenagentur Neues China (Xinhua) vorgestellten Neufassung, dass künftig alle „Dokumente, Daten, Materialien und Gegenstände im Zusammenhang mit nationaler Sicherheit und nationalen Interessen“ unter Schutz stünden. 

Was konkret unter die beiden Kategorien fällt, wird nicht weiter definiert und bietet damit staatlicher Willkür weiten Raum. Das scheint System zu haben. Es ist aktuelle Praxis des obersten chinesischen Gesetzgebungsorgans, des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses, Rechtsnormen bewusst vage zu halten, um den Behörden maximale Flexibilität bei deren Auslegung einzuräumen. Nun können die Organe der Spionageabwehr bald unter vollkommen willkürlich gehaltenen Begründungen Zugriff auf Daten und elektronische Geräte wie Mobiltelefone und Laptops verlangen sowie auch Informationen über Privateigentum anfordern oder Ausreiseverbote verhängen.

Dies ist ein weiterer Baustein in der Politik von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping, unter Hinweis auf eine angeblich immer stärker anwachsende westliche Bedrohung der nationalen Sicherheit oberste Priorität einzuräumen. Dieses Thema steht schon seit Monaten im Mittelpunkt der Öffentlichkeitsarbeit Pekings gegenüber der eigenen Bevölkerung. 

Es ist davon auszugehen, dass das Gesetz die Beziehungen zum Ausland weiter verschlechtern und somit auch die Bemühungen der Regierung konterkarieren wird, ausländische Firmen zu einer Ausweitung ihres Engagements in China zu veranlassen. Denn nun kann bereits harmlose Marktforschung oder das Sammeln von Informationen über chinesische Mitbewerber unter Spionage fallen. Doch nicht nur für Ausländer in der Volksrepublik birgt das Gesetz Gefahren. So stellt es praktisch alle „Kontakte von Chinesen mit ihren ausländischen Kollegen in der Geschäftswelt, in der Wissenschaft, im Journalismus und auf anderen Feldern unter einen Generalverdacht“, so Thomas Kellogg, der Direktor des Georgetown Center for Asian Law, gegenüber dem „Wall Street Journal“. 

Dass die Sicherheitsorgane im Reich der Mitte bei der Anwendung des neuen Gesetzes nicht zimperlich vorgehen werden, legen einige Vorkommnisse der letzten Zeit nahe. Obwohl bis Ende Juni noch die alten, liberaleren Regelungen von 2014 gelten, kam es unlängst zur Verhaftung eines taiwanesischen Verlegers und zur Durchsuchung der Geschäftsräume der US-amerikanischen Beratungsgesellschaft Bain & Company in Schanghai.