18.05.2024

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Folge 21-23 vom 26. Mai 2023 / Seedienst Ostpreussen / Erfolgreiche Umgehung des polnischen Korridors / Die Fährverbindung zwischen dem „Mutterland“ und Ostpreußen wurde nach Anfangsschwierigkeiten eine beliebte Reisemöglichkeit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-23 vom 26. Mai 2023

Seedienst Ostpreussen
Erfolgreiche Umgehung des polnischen Korridors
Die Fährverbindung zwischen dem „Mutterland“ und Ostpreußen wurde nach Anfangsschwierigkeiten eine beliebte Reisemöglichkeit
Wolfgang Kaufmann

Durch die Gebietsverluste infolge des Versailler Friedens wurde Ostpreußen zu einer Exklave des Deutschen Reiches. Der Zugang auf dem Landweg war nun nur noch über den Polnischen beziehungsweise Danziger Korridor möglich, was zu vielerlei Behinderungen im Reise-, Post- und Güterverkehr führte. So gestalteten sich beispielsweise die Bahnfahrten auf der Strecke zwischen Berlin und Königsberg deutlich beschwerlicher als früher. Außerdem musste mit polnischen Schikanen gegen die aus dem Westen anreisenden Stimmberechtigten bei der Volksabstimmung vom Juli 1920 gerechnet werden, die der Klärung der künftigen Zugehörigkeit des Regierungsbezirkes Allenstein diente. 

Aus diesen Gründen beschloss das Verkehrsministerium der Weimarer Republik, eine Fährverbindung zwischen dem „Mutterland“ und Ostpreußen einzurichten, wobei die Endpunkte zunächst in Swinemünde und Pillau lagen. Diese neue kombinierte Personen- und Frachtverbindung erhielt die Bezeichnung „Seedienst Ostpreußen“, welche auf den Konsul Oswald Haslinger von der Reederei Robert Meyhoefer zurückging.

Endpunkte zunächst Swindemünde und Pillau

Als erstes Schiff des Seedienstes verließ am 30. Januar 1920 das frühere Minensuchboot M 140 unter seinem nunmehrigen Namen „Hörnum“ den Hafen von Swinemünde. Es gehörte der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft (H.A.P.A.G.), die wenig später zusätzlich auch die „Helgoland“ auf die Reise nach Ostpreußen schickte. Dazu kamen im Laufe des Jahres 1920 noch weitere Schiffe: der ehemalige Passagier-Tender „Gruessgott“ des Norddeutschen Lloyd (NDL) in Bremen, der Seitenraddampfer „Prinzessin Heinrich“ und das Seebäderschiff „Bubendey“ der H.A.P.A.G. sowie die Passagierdampfer „Odin“ und „Hertha“ der Stettiner Dampfschiffs-Gesellschaft J. F. Braeunlich. Die beiden Letzteren boten den Vorteil, dass sie Schlafkabinen besaßen und damit Nachtfahrten auf der strapaziösen 15-Stunden-Strecke ermöglichten. Mit der „Hertha“ reisten im September 1920 auch Reichspräsident Friedrich Ebert und Wirtschaftsminister Ernst Scholz zur Eröffnung der ersten Deutschen Ostmesse nach Königsberg.

Allerdings begannen die Fahrgastzahlen bereits 1921/22 zu stagnieren, woraufhin zunächst die H.A.P.A.G. aus dem Seedienst Ostpreußen ausstieg, bevor sich Ende 1924 auch der Norddeutsche Lloyd zurückzog. Bei der letzten Fahrt des Jahres waren nur noch zwei Passagiere an Bord gewesen. Lediglich die Reederei 

Braeunlich wollte nicht aufgeben, wobei sie vom Reichsverkehrsministerium Rückendeckung bekam, welches die Schifffahrtslinie aus politischen Gründen zu erhalten trachtete. Deshalb ließ es die großen Passagierschiffe „Preußen“ und „Hansestadt Danzig“ bauen, die ab 1926 zum Einsatz gelangten.  

In der Folgezeit verlief die Entwicklung des Seedienstes Ostpreußen ausgesprochen positiv, was auch an der Erweiterung des Streckennetzes lag. Bald verkehrten die Schiffe nicht mehr nur von Pillau nach Swinemünde, sondern bis Travemünde und Kiel mit Zwischenstopps in Warnemünde, Binz und Zoppot. Außerdem gab es einzelne Ausflugsfahrten zu litauischen, estnischen oder finnischen Häfen.

Erweiterung des Streckennetzes

1934/35 kamen zwei weitere Einheiten für jeweils rund 2000 Passagiere hinzu: die „Kaiser“ und die „Tannenberg“. Mit dem letzteren Turbinenschiff konnten nun sogar Autos im Liniendienst transportiert werden. Aufgrund der wachsenden Beliebtheit des Seedienstes fanden ab 1936 tägliche Fahrten auf der Hauptstrecke statt. Und 1937 stiegen die Fahrgastzahlen dann nochmals, sodass man nun auf jegliche Werbung verzichtete, um nicht noch mehr Kunden anzulocken. Dennoch erzielte das vom Staat getragene und in Zusammenarbeit mit ausgewählten Reedereien betriebene Unternehmen niemals Gewinne.

Das Schicksal der Schiffe nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurden die meisten Schiffe des Seedienstes Ostpreußen von der Kriegsmarine beschlagnahmt. Die „Kaiser“, „Preußen“, „Hansestadt Danzig“ und „Tannenberg“ kamen danach als Minenleger zum Einsatz, wobei die letzteren Drei am 

9. Juli 1941 auf einer Minensperre vor der Südspitze der schwedischen Insel Öland sanken, weil die deutsche Marine die Warnungen des neutralen Landes in den Wind geschlagen hatte. 

Dahingegen fungierte die „Odin“ als Sicherungs- und Zielschiff der Technischen Ausbildungsgruppe für Front-U-Boote in Hela, und die „Hertha“ diente als Wohnschiff der 23. beziehungsweise 25. Unterseeboot-Flottille in Danzig. Dabei ging auch die „Odin“ am 7. August 1944 während eines Schießausbildungseinsatzes verloren. 

Die übrigen Schiffe des Seedienstes Ostpreußen wurden nach dem Zweiten Weltkrieg verschrottet oder verunglückten auf See. Kurioserweise war der 1920 als erstes in Richtung Pillau ausgelaufenen „Hörnum“ letztlich der längste Lebensweg beschieden. Der völlig überalterte Dampfer stand bis 1972 im Fährdienst zwischen Neapel und Ischia und lag danach bis 1994 unter dem Namen „Bucaneer“ als schwimmendes Restaurant im Hafen von Salerno. Seitdem erinnert praktisch nur noch der Ostpreußen-Kai in Lübeck-Travemünde an die einstige Schifffahrtsverbindung nach Ostpreußen.