18.05.2024

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Folge 21-23 vom 26. Mai 2023 / Östlich von Oder und Neiße / Häuser aus slawisch-deutscher Osmose / „Tag des offenen Umgebindehauses“: Eine Bauweise verbindet Deutsche, Polen und Tschechen architektonisch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-23 vom 26. Mai 2023

Östlich von Oder und Neiße
Häuser aus slawisch-deutscher Osmose
„Tag des offenen Umgebindehauses“: Eine Bauweise verbindet Deutsche, Polen und Tschechen architektonisch
Chris W. Wagner

Umgebindehäuser sind historische Fachwerkhäuser, die noch im deutschen wie im polnischen Teil der Lausitz, in Nordböhmen, im südwestlichen Niederschlesien, in der sächsischen Schweiz sowie im Vogtland zu finden sind. Etwa 

6500 dieser erhaltenen Bauwerke prägen weiterhin die Landschaft im Dreistaateneck der Republik Polen, der tschechischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland. 

Diese Häuser aus Naturbaustoffen wie Holz, Lehm, Stroh und Stein kombinieren slawische Blockbauweise mit deutscher Fachwerkbautechnik. Unter den Slawen hatten sich Blockstuben bewährt. Die deutschen Siedler aus Franken und Thüringen brachten im 13. Jahrhundert ihre Fachwerkbauweise mit. Über Jahrhunderte hatte sich das Umgebinde als eigene Bauweise etabliert. Aber erst Ende des 

18. Jahrhunderts entstand der typische Umgebindebogen, der den Häusern ihren Namen verlieh. Umgebindehäuser haben eine klare Trennung zwischen den einzelnen Bauweisen. Auf einer Block- oder Bohlenstube, die einer einfachen Blockhütte ähnelt, ruht das Fachwerkobergeschoss mit dem Dach.

Eine weitere Besonderheit dieser Bauart ist der aus Granit oder Sandstein gefertigte Türstock, der meist mit dem Baujahr versehen ist. Die Verzierungen verraten den gesellschaftlichen Stand des Besitzers. Sonnenuhren im Giebel, kunstvoll verzierte Fensterrahmen sind Zeugen hoher Handwerkskunst einstiger Zeiten.

Am Sonntag, dem 28. Mai, öffnen nun 97 Umgebindehäuser zum „Tag des offenen Umgebindehauses“ ihre Türen. Darunter sind zehn Objekte in Tschechien und 28 in der Woiwodschaft Niederschlesien.

In Görlitz sind zwei Objekte vom Stadtrand vertreten. So ist hier ein Umgebindehaus aus der Zeit um 1730 in der Mühlgasse 2 im deutschen Ortsteil Tauchritz dabei. Auf der polnischen Seite der Stadt ist das umgesetzte Stellmacherhaus (Zagroda Kołodzieja) in der Aleja Lipowa 1 am „Tag des offenen Umgebindehauses“ beteiligt. Dieses Bauwerk wurde im Jahr 2000 aus dem für den Tagebau Turów aufgegebenen Ort Weigsdorf [Wigancice Żytawskie] hierher versetzt. Über Bober und Quais hinaus zieht sich ein Bogen von Umgebindebebauung bis ins Vorland des Riesengebirges. Und je nach Region haben sich Mischformen des Umgebindes entwickelt. Besonders in den grenznahen Orten findet man Häuser mit Blockbauoberstock. Im Obergeschoss dieser Sonderform wurde statt Fachwerk eine Blockstube errichtet.

Fast überall kann man Häuser mit Bretter-Verschalung in unterschiedlichen Farbkombinationen und mit Sonnen- oder Schlangenelementen verziert bewundern. Nachdem die Oberlausitz und Nordböhmen an das Eisenbahnnetz angeschlossen gewesen sei, habe sich mit der Verschieferung ein neuer Trend entwickelt, berichtet der Oberlausitznordboehmen.blogspot.com. 

„Niederschlesien ist ein Schmelztiegel unterschiedlicher Holzarchitektur mit Umgebindehäusern, dem Schweizer Riegelbau, mit Tiroler- oder Laubenhäusern“, so Elżbieta Lech-Gotthardt vom Verein Stellmacherhaus (Stowarzyszenie Dom Kołodzieja). Dieser Verein ist seit 2005 Partner beim „Tag des Umgebindehauses“. Die Häuser auf der zur Republik Polen gehörenden Seite der Neiße können von 12 bis 18 Uhr besichtigt werden. Besonders sehenswert sind Häuser mit Brettverzierungen in Reichenau [Bogatynia], das einzige Torhaus in Umgebindebauweise in Königshain [Działoszyn] und Häuser mit Laubengängen in Schönberg [Sulików].

Alle offenen Umgebindehäuser in der Woiwodschaft Niederschlesien mit Adressen findet man auf www.stiftung-umgebindehaus.de. „An diesem Tag berichten die stolzen Besitzer der architektonischen Perlen über die Geschichte ihrer Häuser und oft auch der einstigen Bewohner. Sie beraten, wie man diese denkmalgeschützten Bauten pflegt oder wie man an Zuschüsse für ihre oft komplizierte Sanierung kommt oder welche Handwerker dafür erprobt und bewährt sind“, berichtet Lech-Gotthardt.