18.05.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 22-23 vom 02. Juni 2023 / Thüringen-Monitor 2022 / Das Misstrauen steigt / Immer mehr Thüringer halten die Demokratie nicht mehr für besser

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-23 vom 02. Juni 2023

Thüringen-Monitor 2022
Das Misstrauen steigt
Immer mehr Thüringer halten die Demokratie nicht mehr für besser
Peter Entinger

Seit Jahren ist die Regierungsbildung in Thüringen für die etablierten Parteien ein Drahtseilakt. Angesichts der immer stärker werden AfD werden zum Teil skurrile Allianzen gebildet. Die neue Ausgabe der Thüringen Monitors zeigt nun, dass sich immer mehr Menschen im Freistaat von der Demokratie an sich abwenden. 

Die Zahl der Thüringer, die zufrieden mit der aktuellen Praxis der Demokratie waren, fiel im Vorjahr stark um 17 Prozentpunkte auf nur noch 48 Prozent. Vor allem auf dem Land sanken die Zustimmungsraten deutlich. Während in den großen Thüringer Städten fast zwei Drittel (64 Prozent) weiter mit der aktuellen Form der Demokratie zufrieden waren, sind es in ländlichen Regionen nur noch 41 Prozent gewesen. 

Der Thüringen-Monitor 2022 ist das 22. Gutachten zur politischen Kultur im Freistaat Thüringen. Im Zentrum der seit dem Jahr 2000 jährlich durchgeführten Befragung der Thüringer Bevölkerung steht die Untersuchung ihrer politischen Einstellungen, ihrer Demokratiezufriedenheit und -unterstützung, ihres Institutionenvertrauens und der politischen Partizipation. 

Trotz der rückläufigen Zufriedenheit im Freistaat stimmten statistisch gesehen noch immer mehr als vier von fünf Personen der Aussage zu, dass die Demokratie die beste aller Staatsideen sei. Thüringenweit deutlich gestiegen sind nach Aussage der Autoren jedoch populistische Einstellungen. Fast 60 Prozent der Bevölkerung seien als populistisch eingestellt zu bezeichnen. Im Vorjahr waren es 48 Prozent. So stimmten 64 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass „die Herrschenden und Mächtigen gegen die Interessen der einfachen Bevölkerung handeln“. Sogar 81 Prozent der Befragten glaubten, dass sich Politiker immer einig seien, wenn es gelte, ihre Privilegien zu schützen. 

Allerdings legen die Forscher Wert auf die Feststellung, dass es sich bei den als populistisch eingestuften Einstellungen nicht zwangsläufig um „rechte“ Positionen handele. Klassische „rechtsextreme“ Muster würden von der deutlichen Mehrheit der Befragten nicht geteilt. Der Thüringen-Monitor kommt zu dem Ergebnis, dass rechtsextreme Einstellungen bei zwölf Prozent der Befragten feststellbar seien, damit bleibt dieser Wert seit dem Vorjahr auf dem Tiefstand seit Beginn der Messungen. 

Dennoch ist eine große Vertrauenskrise anhand der Zahlen belegbar. „Der Thüringer Landesregierung vertrauten 40 Prozent  der Befragten, 2020 waren es 53 Prozent. Gerade im ländlichen Raum Thüringens befindet sich die Zufriedenheit mit der Demokratie auf einem besorgniserregenden Niveau“, sagte Marion Reiser, die wissenschaftliche Leiterin des Thüringen-Monitors, die das Gutachten im Auftrag der Landesregierung erstellt hat. Für die aktuelle Ausgabe des Thüringen-Monitors wurden 1885 Bürger in der Zeit vom 19. September bis 6. Dezember 2022 zu ihren Einstellungen zu Demokratie, Rechtsextremismus und Antisemitismus befragt. 

In Bezug auf antisemitische Einstellungen wurde ermittelt, dass sechs Prozent der Befragten der Aussage zustimmen, „die Juden haben einfach etwas Besonderes und Eigentümliches und passen daher nicht recht zu uns“.  Damit befinde sich Thüringen im nationalen Durchschnitt. 

Politiker weisen Berlin die Schuld zu

Interessant ist die Tatsache, dass die ohnehin schwachen Werte für die Landesregierung mit dem Blick auf die Bundesebene noch unterboten werden. Nur 22 Prozent der befragten Thüringer haben demnach Vertrauen in die Bundesregierung. So ist es wenig verwunderlich, dass die Landtagsparteien den Schwarzen Peter nach Berlin schieben. „Die Zufriedenheit mit der Demokratie wird dann ansteigen, wenn sich die Regierungen in Bund und Land um die echten Sorgen der normalen Bürger kümmern. Es geht um konkrete Antworten auf Inflation, Gesundheitsversorgung und Pflege, Unterrichtsausfall und Migrationschaos“, sagte der CDU-Fraktionschef Mario Voigt. 

Derzeit wird Thüringen von einer Minderheitsregierung von Bodo Ramelow (Die Linke) angeführt. Jüngsten Umfragen zufolge liegt sie bei 25 Prozent und damit hinter der AfD von Björn Höcke, die auf 28 Prozent kommt.  Für die „Demokratiekrise“ im Freistaat macht die Linke zumindest indirekt die AfD verantwortlich. „In den letzten Jahren haben wir eine Verschärfung des Tons in der politischen Kommunikation zu verzeichnen, der die Tür zum Populismus geöffnet und auch in der Gesellschaft immer salonfähiger gemacht wurde. Es geht nicht nur um das Verbreiten politischer Fehlinformationen, sondern auch um den Umgang in der Politik untereinander. Das führt nicht nur zu Frustrationen, das Ergebnis ist auch fehlendes Vertrauen in politische Akteure“, sagte der Fraktionsvorsitzende Steffen Dittes.