18.05.2024

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Folge 22-23 vom 02. Juni 2023 / Ostasien / Versöhnung mit dem Segen der USA / Zwei ehemalige Erzfeinde reichen sich die Hände – Japan und Südkorea nähern sich einander an

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-23 vom 02. Juni 2023

Ostasien
Versöhnung mit dem Segen der USA
Zwei ehemalige Erzfeinde reichen sich die Hände – Japan und Südkorea nähern sich einander an
Bodo Bost

Die sich anbahnende neue Weltordnung bringt zwei ehemalige Erzfeinde näher zusammen. Japan und Südkorea wollen sich gemeinsam gegen Bedrohungen seitens Chinas und Nordkoreas rüsten. Das wurde im Mai beim G7-Gipfel in Hiroshima deutlich, als Japans Ministerpräsident Fumio Kishida, der in diesem Jahr des Gipfel-Vorsitz hat, neben den Chefs der sieben mächtigsten Industrienationen auch Südkoreas Präsidenten Yoon Suk-yeol zu Gesprächen einlud.

Die beiden trafen damit zum dritten Mal innerhalb weniger Monate zusammen. Vorausgegangen war erst eine Charmeoffensive des südkoreanischen Präsidenten in Japan. Kishida besuchte daraufhin in Südkorea zunächst den Nationalfriedhof von Seoul und zeigte den koreanischen Opfern der japanischen Fremdherrschaft seinen Respekt. Seit zwölf Jahren hatte kein japanischer Regierungschef diesen Ort besucht.

Der alte Kolonialkonflikt bestimmte die Beziehung zwischen Japan und Südkorea in den vergangenen Jahren. Seit 2011 gab es keine gegenseitigen Besuche von Regierungschefs. Unter der Präsidentschaft des liberalen Nationalisten Moon Jae-in zwischen 2017 bis 2022 wurde das Verhältnis noch schlechter. Koreaner, die während der Besatzungszeit gegen ihren Willen für japanische Firmen gearbeitet hatten, klagten 2018 vor Südkoreas Oberstem Gerichtshof erfolgreich auf Entschädigung. Japans konservative Regierung akzeptierte das Urteil nicht. 

Der neue konservative Präsident Yoon hat im März vorgeschlagen, eine koreanische Stiftung solle die Entschädigungszahlungen übernehmen. Eine neue Pendeldiplomatie auf höchster Ebene soll das Problem jetzt lösen. Nach Yoons Vorschlag gab es Proteste in Seoul. Viele in Südkorea finden, der Präsident habe Koreas historischen Schmerz an den Ex-Besatzer verkauft. Darüber hinaus gibt es weiter Streit um den sogenannten Liancourt-Felsen, einen winzigen Archipel im Meer zwischen Japan und Südkorea, den beide Länder beanspruchen. 

Das japanische Kaiserreich hatte 1905 Korea erst zum teilsouveränen Protektorat und fünf Jahre später vollständig als Kolonialbesitz annektiert. Das dauerte bis zur Niederlage Japans nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki im September 1945. Der bald darauf folgende Koreakrieg und die Teilung des Landes konnte Südkorea nicht mit Japan versöhnen. Erst die zunehmende Bedrohung durch Nordkorea, China und Russland hat die beiden einstigen Gegner heute wieder zusammengeführt. 

Trilaterale Kooperation mit den USA

China hat mittlerweile mehr Kriegsschiffe als die USA und bedroht immer mehr die pazifischen Anrainerstaaten. Nordkorea arbeitet seit Jahren an neuen Raketen und Atomwaffen und droht im Schatten von Russlands Ukraineabenteuer immer ungenierter den eigenen Nachbarstaaten. China hat nach dem Erwerb von Hongkong und Macau jetzt die Insel Taiwan im Sinn. Auch sie war von 1895 bis 1945 eine japanische Kolonie und ist der einzige Teil des alten China, in dem noch Demokratie und Freiheit herrschen. 

Darüber hinaus streitet China sich seit Langem mit Japan um die unbewohnten drei japanischen Senkaku-Inseln im Ostchinesischen Meer. Deshalb hatte Japan, das seit 1945 nur über Selbstverteidigungsstreitkräfte mit einer Stärke von schätzungsweise 220.000 Mann verfügt, im Januar dieses Jahres entschieden, seinen Militäretat um 300 Milliarden Dollar zu erhöhen, das ist knapp das dreifache der von Bundeskanzler Olaf Scholz versprochenen „Zeitenwende“-Summe für die Bundeswehr. Japan wird so nach den USA der Staat mit dem zweitgrößten Militäretat im Westen. Aber Militärausgaben sind nur die eine Seite.

Südkorea und Japan wollen ihre bilateralen Beziehungen jetzt „auf eine höhere Ebene“ bringen. Die wachsende Bedrohung durch Nordkoreas Atomwaffen- und Raketenprogramm führt beide noch enger zu einer trilateralen Kooperation mit den USA. Die Annäherung zwischen Tokio und Seoul liegt im großen Interesse ihres gemeinsamen Sicherheitspartners Washington. Mit den USA will man ein Dreigespann gegen die Bedrohung aus China und Nordkorea bilden.

Die historisch angespannten Beziehungen zwischen Seoul und Tokio verbessern sich derzeit in einer Geschwindigkeit, die manche kaum für möglich hielten. „Es hat zwölf Jahre gedauert, die Pendeldiplomatie wiederherzustellen, aber für unsere gegenseitigen Besuche brauchten wir weniger als zwei Monate“, sagte Südkoreas Präsident Yoon, als er Kishida empfing. 

Washington will die Allianz im Indopazifik gegen China festigen. Die Basis dieser Zusammenarbeit hängt davon ab, ob beide Länder die Aufarbeitung ihrer Vergangenheit bewältigen. Im eigenen Land erntet Yoon dafür massive Kritik und sinkende Umfragewerte. Amerikas Präsident Biden dagegen begrüßte die Pendeldiplomatie als „bahnbrechendes neues Kapitel“. Mit Atomwaffen bestückte US-amerikanische U-Boote sollen jetzt regelmäßig südkoreanische Häfen anlaufen. Yoon will von Washington sogar eigene Atomwaffen, die Japan wegen Hiroshima bislang strikt abgelehnt hatte.