18.05.2024

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Folge 22-23 vom 02. Juni 2023 / Ukrainekrieg / In Polen kippt die Stimmung / Blockaden und Bummelstreiks – Bevölkerung rebelliert gegen zusätzliche Unterstützung für die Ukrainer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-23 vom 02. Juni 2023

Ukrainekrieg
In Polen kippt die Stimmung
Blockaden und Bummelstreiks – Bevölkerung rebelliert gegen zusätzliche Unterstützung für die Ukrainer
Wolfgang Kaufmann

Seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine gehörte Polen zu den Hauptunterstützern des angegriffenen Nachbarlandes. So überließen die polnischen Streitkräfte 

Kiew über 300 Panzer und 13 ihrer betagten 28 MiG-29-Kampfflugzeuge. Außerdem nahm Polen mehr als 1,5 Millionen ukrainische Flüchtlinge auf. Doch jetzt scheint die Stimmung zu kippen, wofür es vor allem zwei Gründe gibt.

Zum einen überschwemmt die Ukraine die Binnenmärkte Polens sowie auch Bulgariens, Rumäniens, Ungarns und der Slowakei mit billigen Agrarprodukten wie Weizen, Mais, Sonnenblumen, Raps, Geflügel und Eiern. Das resultiert aus einer Entscheidung der Europäischen Union, die Bildung von „Solidaritätskorridoren“ zu ermöglichen, damit Kiew weiter Nahrungsmittel in die Dritte Welt liefern kann. Diese gelangen nun aber jedoch zumeist schon in den Nachbarstaaten der Ukraine auf den Markt, was die dortigen Landwirte zunehmend in finanzielle Bedrängnis bringt – zumal die deswegen versprochenen finanziellen Kompensationen seitens der EU, von denen Polen am meisten profitiert hätte, ausbleiben.

Zum anderen sehen sich auch die polnischen Spediteure durch die ukrainische Konkurrenz stark unter Druck gesetzt. Deren Fahrer erhalten deutlich geringere Löhne und unterliegen nicht den Arbeitsschutzvorschriften der EU. Deshalb blockierten polnische Transportunternehmer den Grenzübergang an der E 373 in Dorohusk. Gleichzeitig startete der polnische Zoll eine Art Bummelstreik, wegen dem es nun Lkw-Staus an der Grenze zur Ukraine gibt.

Angesichts dessen hat sich die Haltung in der gesamten Bevölkerung Polens deutlich verändert. Laut einer Umfrage im Auftrag des privaten Radiosenders Radio Muzyka Fakty und der überregionalen Tageszeitung „Dziennik Gazeta Prawna“ sind nur noch 14,9 Prozent der Polen dafür, zusätzliche Flüchtlinge aus der Ukraine aufzunehmen. Und das, obwohl die Regierung in Warschau die Unterstützungsleistungen für die vor dem Krieg Schutz Suchenden inzwischen teilweise um die Hälfte gekürzt hat.

Angst vor Russland schwindet

Darüber hinaus war auch bloß jeder sechste Befragte dafür, weiterhin schwere Waffen an die Ukraine zu liefern. Und eine Beteiligung polnischer Truppen am Kampf gegen den traditionellen Erzfeind Russland auf ukrainischem Boden findet unter der polnischen Bevölkerung überhaupt keine Zustimmung.

Vor diesem Hintergrund kann kaum verwundern, dass Polens Präsident Andrzej Duda Forderungen aus Kiew nach einer Aufstockung der militärischen Unterstützung eine Absage erteilte. Man habe bereits „beispiellose Mengen an Waffen“ zur Verfügung gestellt und werde daher keinesfalls auch noch einige der eigenen, modernen 48 F-16-Mehrzweckkampfflugzeuge abgeben.

Ansonsten will der US-amerikanische Journalist Seymour Hersh aus Geheimdienstkreisen seines Landes erfahren haben, dass Polen im Verein mit Lettland, Litauen und Estland Druck auf die Ukraine ausübe, den Krieg durch Zugeständnisse an Moskau zu beenden. Denn keines der vier Länder befürchte angesichts des weitgehenden Versagens der russischen Streitkräfte mehr, selbst von diesen angegriffen zu werden.