18.05.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 22-23 vom 02. Juni 2023 / Alexander Conze / „Als Freie ziehn sie westwärts“ / Mit seinem Lied „Frisch auf, nach Oregon!“ befeuerte der Begründer der deutsch-amerikanischen Dichtung den Pionier-Treck Richtung Westen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-23 vom 02. Juni 2023

Alexander Conze
„Als Freie ziehn sie westwärts“
Mit seinem Lied „Frisch auf, nach Oregon!“ befeuerte der Begründer der deutsch-amerikanischen Dichtung den Pionier-Treck Richtung Westen
Bernhard Knapstein

Vor 180 Jahren nahmen die ersten Pioniere in ihren Planwagen von der amerikanischen Ostküste den waghalsigen Weg über den nordamerikanischen Kontinent, durch die gefährlichen Indianergebiete und über die Rocky Mountains auf sich, um sich in Kalifornien und Oregon niederzulassen. Das Oregon-Territorium wurde ab Mitte der 1840er Jahre zum Ziel vor allem für deutsche Immigranten, die den Weg bis nach Wisconsin am Michigansee geschafft hatten. Die Stadt Milwaukee erlebte zu jener Zeit eine rasante Entwicklung und wurde vor allem von deutschen Intellektuellen geprägt. Weniger gebildete Siedler hingegen, die in dieser Zeit täglich zu Hunderten Milwaukee erreichten, hatten keine Aussichten auf Ansiedlung in dem Territorium, das während der Präsidentschaft von James K. Polk nach Aufnahme in die USA strebte. Ihnen blieb nur der Weg nach Westen.

Vor 180 Jahren ging es los

Einer derjenigen, der die Pionier-Trecks mehr als andere befeuerte, war der Deutschamerikaner Alexander Conze mit seinem in der deutschsprachigen Zeitung „Milwaukee-Banner“ veröffentlichten Lied „Frisch auf, nach Oregon!“ Conze porträtierte in dem Lied romantisierend das amerikanische Vordringen zur Westküste als Angebot, neues Land in Besitz zu nehmen und zu bewirtschaften. Dort heißt es:

„Frisch auf des Westens Söhne, die ihr das Feld nicht sä’t, / die ihr als freie Schützen ein ruhig Loos verschmäht, / der Wanderung Strom von Osten dringt nah und näher schon, / es schwinden eure Wälder – drum auf nach Oregon!

Und ihr, nach Abenteuern begierig und nach Streit, / nach Jagen und nach Wagen, nach Waldes Lustbarkeit, / herbei aus allen Staaten der weiten Union! / Es lebe Berg und Prairie! Es lebe Oregon!

Wohl tausend stark wir sammeln uns an Missouris Fluth, / der Niedre und der Hohe, ob reich, ob arm an Gut. / Die Tausend Herzen bindet im Eins ein einz’ger Ton; / begeisternd die Loosung: ,Frisch auf nach Oregon!‘

Unübersehbar vor uns blüht, duftet die Prairie, / des Urwalds Wipfel rauschen in wilder Poesie, / und über Fels und Schluchten ziehn muthig wir davon, / das Sternenbanner pflanzen wir auf in Oregon.

O, dies sind nicht die Herzen, die zittern vorm Gefecht, / die, wenn Monarchen drohen, entsagen ihrem Recht. / Als Freie ziehn sie westwärts, und nach errungnem Lohn / als Freie auch behaupten sie glorreich Oregon.“

Conzes Oregon-Lied wirkte stärker, als er selbst es möglicherweise erahnt hat. Es wurde an den Lagerfeuern der Zelte und Wagenburgen gesungen und fand mit der Zeit seinen Weg nach Deutschland, wo es die „Allgemeine Auswanderer-Zeitung“ erneut veröffentlichte. Conze galt schnell als Begründer der deutsch-amerikanischen Dichtung.

Der 1819 in Hamburg geborene, nach dem frühen Tod seines Vaters mit der Mutter ins schaumburgische Bückeburg übergesiedelte Conze trug selbst den Freiheitsdrang und die Abenteuerlust in sich. Seine Mutter Jenny, eine geborene McGregor, stammte in direkter Linie von dem Begründer des schottischen McGregor-Clans, Lord Malcom McGregor, und vom Pikten-König Kenneth MacAlpin ab. 

Conzes Urgroßvater Alexander McGregor Lord of Inneregny hatte noch für die Stuarts unter dem Kommando von Charles Edward Stuart 1746 an der Jakobiten-Schlacht bei Culloden teilgenommen, die zuungunsten der Schotten ausging und den Untergang der Clans einleitete. Nach der Schlacht wurden die Clan-Führer verfolgt, gefangengenommen und getötet. McGregor konnte allerdings unter dem Tarnnamen Coleman nach Deutschland fliehen, wo er eine Tochter des schlesischen Adelsgeschlechts von Schalscha ehelichte und Wurzeln schlug.

Ein gebürtiger Hamburger

Nach Erreichen der Hochschulreife zog es den McGregor-Spross zum Studium nach Jena und Leipzig. Er schmiss schon bald das Medizinstudium, widmete sich der Botanik und Philologie. Als revolutionärer Burschenschafter handelte sich Conze schnell Ärger mit den Behörden ein. Noch vor der 1848er Revolution entzog er sich einer Gefängnisstrafe durch Auswanderung. In New York angekommen, übernahm er zunächst eine Position als Hauslehrer. Doch Conze zog es bald weiter ins Wisconsin-Territorium, wo sich in Milwaukee gerade eine starke deutsche Gemeinschaft herausbildete mit eigenen Musikkapellen, Vereinen und mehreren deutschsprachigen Zeitungen. Dort eröffnete er eine Privatschule und verkehrte in deutsch-akademischen Kreisen. Conze war inspiriert, er publizierte seine Gedichte in den Zeitungen. Doch sein Œuvre blieb kurz.

Zwischen Mexiko und den USA entbrannte ein Konflikt am Rio Grande, nachdem US-Präsident Polk für den Beitritt von Texas in den Staatenbund gesorgt hatte. Polk suchte den Konflikt mit Mexiko. Am 13. Mai 1846 stimmte der Kongress einer Kriegserklärung zu, auch wenn das umstrittene Gebiet entlang des Rio Grande unfruchtbar und wertlos war.

Gefallen im Krieg gegen Mexiko

Die Kriegsbegeisterung erreichte Wisconsin. Conze wollte als Neuamerikaner Patriotismus zeigen, trat den Freiwilligenverbänden bei, berichtete nebenbei als kritischer Kriegskorrespondent für die deutschen Zeitungen in Milwaukee. Er thematisierte Ausrüstungsstandards, das Verhalten von Vorgesetzten, die Einschiffung über den Mississippi nach New Orleans und weiter nach Mexiko, die Landschaft und die langen Märsche über sieben Monaten ohne jede Feindberührung.

Während die ersten Offiziere den Dienst wegen Krankheit quittierten, dürstete es Conze noch immer euphorisch danach, „in Montezumas Hallen zu schwelgen“. Doch in die Tiefen des alten Aztekenreichs drang Conze nicht mehr vor. Er fiel am 23. Februar 1847, dem zweiten Tag seiner ersten Schlacht, bei Buena Vista.

Erst nach dem frühen Tod des Dichters nahm die Besiedlung des Kontinents richtig Fahrt auf. Die 48er Revolution spülte neue Immigranten in die Staaten, die Folgen der Industrialisierung weitere.

Noch 2015 gaben 45 Millionen Amerikaner im Rahmen einer Volkszählung an, primär deutsche Wurzeln zu haben. Und in Oregon zeugen noch heute Ortsnamen wie Roseburg, Coburg und Salem davon, dass vor allem auch Deutsche sich auf den von Conze romantisierten Oregon-Trail wagemutig aufgemacht haben.





Kurzporträts

James K. Polk war von 1845 bis 1849 der elfte Präsident der USA. In die Amtszeit des Demokraten fällt der Oregon-Kompromiss mit Großbritannien von 1846.

Kenneth MacAlpin war der erste schottische König. 843 wurde der Begründer des Hauses Alpin zum gemeinsamen König der Pikten und Skoten gekrönt.

Charles Edward Stuart, ein Enkel des durch die Glorious Revolution gestürzten Königs Jakob II., erhob Anspruch auf die Krone Englands, Schottlands und Irlands.