18.05.2024

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Folge 23-23 vom 09. Juni 2023 / Schmuggel / Mafiosi gehen getrennte Wege / Ukrainekrieg beendete Zusammenarbeit russischer und ukrainischer Verbrechersyndikate

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-23 vom 09. Juni 2023

Schmuggel
Mafiosi gehen getrennte Wege
Ukrainekrieg beendete Zusammenarbeit russischer und ukrainischer Verbrechersyndikate

Der russische Einmarsch in der Ukraine versetzte das organisierte Verbrechen in beiden Ländern in einen Schockzustand. Bis Kriegsbeginn waren die Ukraine und Russland das größte zusammenhängende „kriminelle Ökosystem Europas“, so die in Genf ansässige Nichtregierungsorganisation Global Initiative Against Transnational Organized Crime (GI-TOC). 

Russische und ukrainische Mafia-Organisationen hätten demnach in jahrzehntelang eingespielter Kooperation Schmuggel aller Art betrieben und dabei den Schwarzmeerhafen Odessa als Hauptumschlagplatz benutzt. Von hier aus gelangten afghanisches Heroin nach Europa und aus der ehemaligen Sowjetunion stammende Waffen nach Afrika. Über Odessa wurden Designerdrogen und illegal angebaute Tabakprodukte in alle Welt verschifft.

Mit Ausbruch des Krieges endete diese Zusammenarbeit weitgehend: „Verbrecher zu sein, ist das eine. Aber als Verräter zu gelten, ist etwas ganz anderes“, meinte dazu der Leiter des Zentrums für Europäische Sicherheit am Institut für Internationale Beziehungen in Prag, Mark Galeotti. Außerdem standen die Schwarzmeerhäfen nun unter deutlich schärferer Kontrolle und ein Schmuggel über die Frontlinien war praktisch unmöglich. Dazu kam das Personalproblem auf ukrainischer Seite: Viele Mafiosi mussten plötzlich zur Armee oder setzten sich ins Ausland ab.

Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass sich die Verbrechersyndikate mit der veränderten Situation arrangiert haben. Nach Erkenntnissen der GI-TOC entstanden alternative Schmuggelrouten über estnische Häfen, wo der Zoll zunehmend mehr Kokain aus Lateinamerika beschlagnahmt. Auch die Türkei registriert ein Anwachsen der Amphetamin-Ströme aus der Ukraine und Heroin-Lieferungen aus Afghanistan. Gleichermaßen ist die ukrainische Mafia verstärkt an den Grenzen zu Polen, Moldawien und der Slowakei aktiv.

Dazu kommt die Erschließung neuer „Geschäftsfelder“, wie das UN-Institut für interregionale Kriminalitäts- und Justizforschung (UNICRI) in Turin berichtet: Nun werden Soldaten an der Front mit synthetischen Drogen „versorgt“ oder humanitäre Hilfskonvois für den Transport kommerzieller Produkte missbraucht. Ebenso verbreitet ist mittlerweile der Schmuggel von Mangelwaren wie Treibstoff sowie die Beihilfe zur Fahnenflucht wehrpflichtiger Männer.

Dagegen lassen sich russische Mafiosi jetzt vom Staat einspannen und üben für diesen geheimdienstliche Tätigkeiten aus. Dazu zählt die Umgehung der westlichen Sanktionen durch die Beschaffung dringend benötigter Halbleiterprodukte.

Das UNICRI und die GI-TOC befürchten, dass die massiv gestiegenen Waffenbestände in der Ukraine sowie die milliardenschweren Hilfszahlungen an Kiew auch den einheimischen Verbrechersyndikaten zugutekommen könnten. Daraus resultiert die Empfehlung an die westlichen Alliierten der Ukraine, auf durchgreifende Reformen im Justizapparat und den Sicherheitsorganen zu drängen.W. K.