18.05.2024

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Folge 23-23 vom 09. Juni 2023 / Paläontologie / Im Bann der Dinos / Eine Archäologin erzählt von Entdeckungen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-23 vom 09. Juni 2023

Paläontologie
Im Bann der Dinos
Eine Archäologin erzählt von Entdeckungen
Silvia Friedrich

Das Buch „Der Dinosaurier im Fels. Die abenteuerlichen Geschichten der ersten Knochenjäger“ ist anders als viele sonstige Sachbücher für Heranwachsende. Während die jungen Leser in gängigen Dinosaurier-Druckwerken oft mit grellen Farben und blutrünstigen Kampfszenen zwischen Urzeitechsen konfrontiert werden, kommt das Sachbuch der Archäologin Silke Vry aus dem Gerstenberg Verlag eher leise daher. Erdfarben und dunkel ist der erste Eindruck, wenn man es in den Händen hält, so wie die Orte und Höhlen aussehen, in denen man gemeinhin nach alten Knochen aus dem Erdmittelalter sucht. Hier ist das Wort vorrangig, die Geschichten, die erzählt werden, aber auch eine andere Art der Bebilderung der Illustratorin Claudia Lieb. Sie „überschreit“ die Texte nicht, sondern untermalt das Gesagte im wahrsten Sinne des Wortes.

Wir können es uns heute kaum mehr vorstellen, aber bis ins 19. Jahrhundert hin-ein ahnte niemand etwas davon, dass einmal für viele Millionen Jahre Riesenechsen die Erde bevölkert hatten. Zwar wunderte man sich über die Versteinerungen großer Knochen, nur wusste damals noch niemand, was es war. Die ersten Paläontologen, besonders aber auch die Knochenjägerinnen, hatten es sehr schwer. 

Erste Knochenfunde 

In neun Kapiteln geht die Autorin auf Forschungsreisen zu den ersten Knochenfunden. Nicht nur das Weltbild der Menschen wurde durch die Entdeckungen ins Wanken gebracht – denn die Erde schien weitaus älter zu sein als bis dato gedacht –, auch die Vorstellung, dass Arten aussterben können, erschreckte die Menschen. Die Geschichten sind sehr spannend geschrieben und gleich die erste über die Entdeckung des amerikanischen Mastodons, erinnert im Stil beinahe an Mark Twains Erzählungen über die frechen Jungen Tom Sawyer und Huckleberry Finn aus St. Louis. Der Leser befindet sich im Tal des Ohio Rivers und schaut den Indianern aus dem Volk der Irokesen-zu, wie sie einen riesigen Oberschenkelknochen und fünf Kilogramm schwere Zähne aus ihrem Kanu an Land hieven und befreundeten französischen Soldaten, welche die Gegend erkunden, vor die Füße legen. Um was es sich dabei handelte, sollte erst viele Jahre später klar werden – nämlich ein Mastodon. Man nannte es lange Zeit nur amerikanisches unbekanntes Tier. 

Ebenso faszinierend ist die Geschichte, als Bergleute in den Niederlanden im 18. Jahrhundert in einem Kalksteinbruch dem Kopf eines „T-Rex der Meere“ gegenüberstanden. Kein Mensch hatte eine Ahnung, was das war, ein Krokodil, ein Wal? Auch hier kamen Wissenschaftler erst später auf die wahre Gattung: ein Mosasaurier, der zur gleichen Zeit lebte wie die Dinosaurier und die Weltmeere bevölkerte.

Am Ende jedes Kapitels gibt es eine Rubrik „Was bleibt?“, in der noch einmal eine Zusammenfassung der wichtigsten Eckpunkte erklärt wird. Fundortkarte und Skelettbeschreibungen komplettieren das Gesagte. Dass hier eine ausgrabungstechnische Fachfrau spricht, merkt man auf jeder Seite. Ein spannendes und mitreißendes Buch, das den Leser sofort in den Bann zieht.

Silke Vry/Claudia Lieb: „Der Dinosaurier im Fels. Die abenteuerlichen Geschichten der ersten Knochenjäger“, Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2023, gebunden, 112 Seiten, 26 Euro