18.05.2024

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Folge 23-23 vom 09. Juni 2023 / Der Wochenrückblick / Linas Kampf / Warum linke Gewalt keine ist – und deren Opfer selbst schuld daran sind, halb totgeschlagen zu werden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-23 vom 09. Juni 2023

Der Wochenrückblick
Linas Kampf
Warum linke Gewalt keine ist – und deren Opfer selbst schuld daran sind, halb totgeschlagen zu werden
Reinhard Mohr

Als in der vergangenen Woche am Oberlandesgericht Dresden das Urteil gegen Lina E. erging – fünf Jahre und drei Monate unter anderem wegen Sachbeschädigung, Diebstahl, mehrfacher gefährlicher Körperverletzung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung –, war das Medienecho riesig. Der über eineinhalb Jahre laufende Strafprozess gegen die 28-jährige Studentin, die, mit anderen zusammen, vermeintliche Rechtsex­tremisten und Neonazis ausgespäht und dann mit Baseballschlägern und Eisenstangen krankenhausreif geschlagen hatte, war lange Zeit unter dem Radar der großen Öffentlichkeit geblieben. Kein Wunder: Man hat bei allen – berechtigten – Warnungen vor Rechtsextremisten und Reichsbürgern versäumt, auch einmal in die andere Richtung zu schauen. 

Der Extremismusforscher Professor Dr. Klaus Schroeder von der Freien Universität Berlin sagte dazu in der „FAZ“, 2022 sei das erste Jahr gewesen, in dem es in Deutschland geringfügig mehr rechte als linke Gewalttaten gab: „Von 2013 bis 2021 hatten wir immer mehr linksextreme Gewalttaten. Die Rede, dass der Feind nur rechts steht, ist also Quatsch.“

„Gebt dem Bullen, was er braucht …“ 

Plötzlich war nun der militante Linksextremismus, der auch Gewalt gegen Personen gutheißt, in den Medien präsent wie viele Jahre nicht mehr. Was Verfassungsschutz und Strafverfolgungsbehörden seit Längerem beobachten, rief nun auch die sozialdemokratische Bundesinnenministerin auf den Plan. „In linksextremistischen Gruppen sind Hemmschwellen gesunken, politische Gegner auch mit äußerster Brutalität anzugreifen“, sagte sie. „Im demokratischen Rechtsstaat darf es keinen Raum für Selbstjustiz geben.“ Kein Ziel rechtfertige politische Gewalt.

So klar und eindeutig sehen es beileibe nicht alle. Für die linksradikale Szene, die nach dem Urteil in mehreren Städten gewalttätig demonstrierte, ist das Urteil nichts anderes als die „Kriminalisierung des antifaschistischen Widerstands“ durch die „Klassenjustiz“. Einige Demonstranten skandierten: „Gebt dem Bullen, was er braucht, neun Millimeter in den Bauch.“ Ein klarer Mordaufruf.

Doch auch aus dem linksgrünen Milieu, das den Zeitgeist der Ampel-Republik in Kultur und Medien prägt, hörte man Stimmen, die das, was Lina E. und ihre Gruppe anderen Menschen zugefügt haben, allenfalls pflichtschuldig verurteilen und am Ende doch als irgendwie nachvollziehbar darstellen. Der antifaschistische Kampf ist schließlich eine gute Sache, auch wenn er etwas robust ausgetragen wird.

Ganz oberschlaue Zeitgenossen haben sogar ein praktisches Rezept parat. „Man kann sich vor linksextremer Gewalt recht einfach schützen, indem man zum Beispiel kein Nazi ist“, twitterte der Podcast-Produzent, Buchautor und Mitarbeiter des ZDF-„Neo Magazin Royale“ von Jan Böhmermann, Sebastian Hotz unter seinem Pseudonym El Hotzo. Seinem Account folgen fast 600.000 Menschen. Auf Instagram kommt Hotz auf 1,3 Millionen Follower. Es gibt wohlwollende Artikel über ihn und lange Interviews mit ihm in deutschsprachigen Medien.

Man versteht: Die Opfer sind letztlich selbst schuld, dass sie halb totgeschlagen wurden. Die Botschaft: „Nazis“ haben keine Menschenrechte. Gegenüber ihnen kann man das Recht in den eigenen Baseballschläger nehmen. 

Timon Dzienus, Co-Sprecher der Grünen Jugend, sprach von einem „völlig übertriebenen und auf fragwürdigen Indizien beruhenden Prozess“ und forderte „Free Lina!“ – die Parole, die Linksextremisten auf die Hauswände der Republik sprühen. Von Habeck, Lang, Nouripour & Co. kein Wort dazu.

Eine führende Vertreterin der Linkspartei ging noch einen Schritt weiter: „An Lina E. wurde ein Exempel statuiert, und auch die ‚Letzte Generation‘ soll eine kriminelle Vereinigung werden. Das ist unverhältnismäßig und autoritär.“ Statt angesichts der „rechten Bedrohung“ für innere Sicherheit zu sorgen, klopfe sich der „Klatschclub von Mitte bis rechts“ auf die Schulter und kriminalisiere „soziale Bewegungen“.

Das Schweigen der Grünen-Spitze

Zu Zeiten der früheren SED, Vorgängerin der Linkspartei, sind Menschen jahrelang ins Gefängnis geworfen worden, weil sie die DDR-Regierung kritisiert hatten. Wenn heute Reichsbürger oder AfD-Mitglieder wochenlang den Berliner Verkehr lahmlegen würden, käme aus den Reihen der Freunde des Sozialismus umgehend die Forderung, gegen diese unverschämte Provokation faschistischer Kräfte müsse der Rechtsstaat mit aller Härte durchgreifen.

Am Wochenende kam es dann in Leipzig zu den schweren Krawallen, die man so präzise vorhersagen konnte wie den Wetterbericht nach der Tagesschau – genauso wie die scheinheilige Kritik von Linken, Grünen und Jusos an der Polizeistrategie – „unverhältnismäßig und eines Rechtsstaats unwürdig“ – und das abermals dröhnende, genauer: feige Schweigen der Grünen-Spitze. 

In den „heute“-Nachrichten des ZDF am Sonntagabend wurde als erstes die Kritik am Polizeieinsatz erwähnt – die Gewalttaten der Linksradikalen allerdings nicht. Eine absurde Verdrehung der Tatsachen.

Die Polizei hatte rund um mehrere hundert gewaltbereite „Antifas“ einen Kessel gebildet und nach und nach alle erkennungsdienstlich behandelt. „Die Wut im und um den Kessel entlädt sich ab und zu“, berichtete der „Welt“-Reporter Wolfgang Büscher. „In jähen Attacken und polizeilichen Gegenattacken. Verbal sowieso. Ein Mann draußen schreit: „Was der Bulle braucht – Hammer auf den Kopf, Sichel in den Bauch!“

Zweifel am Verhältnis zum Rechtsstaat

Erschütternd sind nicht nur solche Parolen, sondern auch das gleichgültige, teils ablehnende Verhältnis vieler linker und grüner Politiker zum Gewaltmonopol des Staates und jenem Rechtsstaat, der nicht nach guten oder bösen Motiven, sondern nach Schuld oder Unschuld fragt, wenn es um Straftaten geht.

Das hehre Ziel scheint für viele Linke aber immer noch wichtiger zu sein als das Urteil der Justiz und die Urteilsbegründung, deren Verlesung neun Stunden dauerte. Mit ihm, ob Klimarettung oder Kampf gegen „Nazis“, lässt sich am Ende beinahe alles rechtfertigen. „Natürlich kann geschossen werden“, sagte Ulrike Meinhof 1970 nach der Befreiung ihres RAF-Genossen Andreas Baader. Danach wurde noch viel geschossen, gebombt und gestorben, bis die „Rote Armee Fraktion“ besiegt war.

Auch wenn eine ähnliche Entwicklung derzeit nicht droht, sollte die Erinnerung an diese irrsinnige und blutige Geschichte genügen, um schon den Anfängen zu wehren.

Insofern war die Verurteilung von Lina E. auch ein notwendiges Signal an die Gemeinde, auch wenn die Angeklagte vorläufige Haftverschonung erhielt.