18.05.2024

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Folge 24-23 vom 16. Juni 2023 / Grüne / Fundis gegen Realos / Der EU-Asylkompromiss von Luxemburg entzweit die Partei

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-23 vom 16. Juni 2023

Grüne
Fundis gegen Realos
Der EU-Asylkompromiss von Luxemburg entzweit die Partei
Peter Entinger

Die EU-Innenminister haben in der vergangenen Woche in Luxemburg über die seit Jahren strittige Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) getagt. Dabei ging es nicht zuletzt um die Frage, ob es Vorprüfungen von Asylanträgen schon an den EU-Außengrenzen geben soll. In Luxemburg haben sich die immigrationskritischen Länder weitestgehend durchgesetzt. Die nicht den Grünen, sondern der SPD angehörende Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte bereits vor dem Luxemburg-Treffen „faire Verfahren an den EU-Außengrenzen“ quasi zum offiziellen Regierungskurs erklärt. Die rot-grün-gelbe Bundesregierung hat sich dafür offen gezeigt, wollte aber wenigstens durchsetzen, dass Minderjährige unter 18 und Familien mit Kindern diese Verfahren nicht durchlaufen müssen.

Im aktuellen Parteiprogramm der Grünen heißt es indes eindeutig: „Das Asylverfahren findet im aufnehmenden Mitgliedstaat statt. Vorgezogene Asylverfahrensprüfungen an den Außengrenzen lehnen wir ab.“

Pro-Seite: Nouripour und Baerbock

Die Folge dieser Diskrepanz ist ein Aufflammen des alten Richtungskampfes zwischen Fundis und Realos bei den Grünen, wobei die Mitglieder in der Ampelregierung unter den Grünen naheliegenderweise eher zu Kompromissbereitschaft gegenüber den Koalitionspartnern neigen. 

So hatte beispielsweise die grüne Bundesaußenministerin Annalena Baerbock vor den Beratungen zwar erklärt, dass Grenzverfahren hochproblematisch seien, bezeichnete aber den EU-Kommissionsvorschlag als die einzige Chance, auf absehbare Zeit zu einem „geordneten und humanen Verteilungsverfahren“ zu kommen. 

Der grüne Co-Parteichef Omid Nouripour gehört zwar nicht der Bundesregierung an und ist somit nicht der Kabinettsdisziplin unterworfen, kam aber in der Gesamtschau doch „zu dem Schluss, dass die Zustimmung ein notwendiger Schritt ist, um in Europa gemeinsam voranzugehen“, auch wenn die Durchsetzung zentraler Forderungen wie etwa eine Ausnahme für Familien mit Kindern im Grenzverfahren nicht erreicht worden sei.

An der grünen Basis, die sich traditionell für noch mehr und vor allem ungeregelte Zuwanderung begeistert, stieß derartiger Pragmatismus wenig überraschend auf Gegenwehr. Wie mehrere Medien übereinstimmend berichteten, wurde ein von rund 730 Parteimitgliedern unterzeichnetes Schreiben unter anderem an Baerbock, den ebenfalls grünen Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck sowie die gleichfalls den Grünen angehörende Familienministerin Lisa Paus versandt, in dem ein Kurs der „Abschreckung und Abschottung“ sowie Pläne zu einer „massiven Beschneidung des Asylrechts“ moniert wurden.

Contra-Seite: Lang und Dzienus

Die grüne Basis ist nun förmlich auf die Barrikaden gestiegen. Die Prioritäten der Bundesregierung seien erschütternd, heißt es in dem Schreiben der Fundis: „Die Ausweitung sicherer Drittstaaten, schlechterer Rechtsschutz, verpflichtende Grenzverfahren in Haftlagern und eine massive Verschärfung des gescheiterten Dublin-Systems sind nur einige der Rechtsverschärfungen, die in der vorgeschlagenen Reform des Asylsystems angelegt sind.“

Doch nicht nur in der Basis befinden sich Fundis. Der Vorsitzende der besonders linken „Grünen Jugend“, Timon Dzienus, forderte von den Parteifreunden in der Ampelregierung ein massives Einschreiten: „Den Kurs der Abschottung dürfen wir nicht mittragen.“ Es handele sich um einen „krassen Angriff auf das individuelle Asylrecht“. 

Als „krass“ empfindet er auch, dass die FDP auch Minderjährige an den europäischen Außengrenzen „einsperren“ wolle. In dasselbe Horn bläst Nouripours weibliches Pendant, die zum linken Flügel zählende Ricarda Lang. Sie kritisiert, der Vorschlag zur Asylreform werde „dem Leid an den Außengrenzen nicht gerecht und schafft nicht wirklich Ordnung“.