18.05.2024

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Folge 24-23 vom 16. Juni 2023 / Afghanistan / Die nächste Terrorfront am Hindukusch / IS-Angehörige attackieren die machthabenden Taliban, die mit westlichen Hilfsmitteln zurückschlagen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-23 vom 16. Juni 2023

Afghanistan
Die nächste Terrorfront am Hindukusch
IS-Angehörige attackieren die machthabenden Taliban, die mit westlichen Hilfsmitteln zurückschlagen
Wolfgang Kaufmann

In Afghanistan tobt ein erbitterter Kampf zwischen den Taliban, die im August 2021 wieder in Kabul einmarschierten und die Macht im Lande zurückeroberten, und den Anhängern des Islamischen Staates (IS), welche seit 2015 ebenfalls am Hindukusch präsent sind. Zu ihnen zählen viele abtrünnige Taliban und aus Pakistan eingereiste Extremisten. 

Die IS-Kämpfer treten deutlich radikaler auf als die alten und neuen Herrscher in Kabul, weil sie kein Emirat in den Grenzen des muslimischen Nationalstaates Afghanistan anstreben, sondern ihre Zukunft in einem globalen Kalifat sehen. Dazu kommen theologische Differenzen. Die Taliban stehen in der Tradition der hanafitischen Rechtsschule, die den sunnitischen Islam dominiert, während die Dschihadisten des IS zur Minderheit der Salafisten zählen.

Schließlich wäre da noch der Umstand, dass die Taliban mit der Trump-Administration das Abkommen von Doha schlossen, das zum Abzug der westlichen Truppen führte. Aus all diesen Gründen bezeichnen die IS-Anhänger die Taliban als nationalistische Fanatiker, welche andere Muslime sowie die Ideale des Islam verraten hätten. Darin sehen sie auch die Rechtfertigung für Anschläge, die sie gegen führende Taliban-Vertreter begehen. Dabei traf es unter anderem Mohammad Dawood Muzammil, den Gouverneur der nordafghanischen Provinz Balch, der in seinem Büro in Masar-e Scharif in die Luft gesprengt wurde.

Angesichts dessen wird verständlich, dass die Taliban-Regierung nun nicht nur die Unterstützer der NATO-Truppen und die Anhänger der gestürzten Regierung von Aschraf Ghani, sondern gleichermaßen sämtliche IS-Angehörige mit eiserner Härte verfolgen. In diesem sehr speziellen „Krieg gegen den Terror“ geht der von dem ehemaligen Guantanamo-Häftling Abdul Haq Wasiq geleitete Geheimdienst der Taliban namens Istihbarat Birimi mit Methoden vor, welche denen der westlichen Geheimdienste gleichen. So überwachen junge und technikaffine Agenten die sozialen Netzwerke oder hacken Computer und werten zurückgelassene US-Datenbanken aus, wobei sie ihre beim Konsum von amerikanischen Fernsehserien erworbenen Englischkenntnisse nutzen.

Freundliche Unterstützung der CIA

Diese „Anti-Terror-Kämpfer“ der Taliban operieren inzwischen nicht mehr mit Turban und Sandalen sowie alten Kalaschnikows in den Händen. Tatsächlich sehen sie Angehörigen der Eliteeinheiten der US-Streitkräfte zum Verwechseln ähnlich, weil sie deren zurückgelassene Bekleidung und Ausrüstung verwenden.

Darüber hinaus sind die Taliban offenbar in moderate, verhalten westlich orientierte Modernisierer und stärker traditionalistische Hardliner alten Stils gespalten, wodurch sich eine weitere Frontlinie in Afghanistan ergibt. Der deutlichste Hinweis hierauf ist die Tötung von Aiman az-Zawahiri, dem Nachfolger des al-Kaida-Führers Osama bin Laden, am 31. Juli 2022 im Kabuler Stadtteil Sherpur. Ohne eine direkte oder indirekte Unterstützung seitens US-freundlicher Taliban wäre der US-Geheimdienst CIA wohl kaum in der Lage gewesen, den im afghanischen Asyl befindlichen Terrorchef derart gezielt zu liquidieren, dass es keine weiteren Opfer gab.