18.05.2024

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Folge 24-23 vom 16. Juni 2023 / Energiewende / Umverteilung von unten nach oben / Habeck will mit Steuergeld den Strompreis für Großverbraucher heruntersubventionieren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-23 vom 16. Juni 2023

Energiewende
Umverteilung von unten nach oben
Habeck will mit Steuergeld den Strompreis für Großverbraucher heruntersubventionieren
Hermann Müller

Private Verbraucher können von einem Strompreis von sechs Cent pro Kilowattstunde nur träumen. Erhalten sollen diesen Billigtarif nach der Vorstellung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck künftig aber energieintensive Unternehmen. Profitieren sollen vom Indus­triestrom Firmen, die einen hohen Energieverbrauch haben und die im internationalen Wettbewerb stehen. Vorgestellt hatte der Grünen-Politiker erste Grundlinien für den Industriestrompreis bereits Anfang Mai: „Unser Vorschlag ist die Antwort auf einen deutlichen Wunsch aus der Breite der Gesellschaft – überparteilich, aus Bund und Ländern, von Verbänden und Gewerkschaften“, so Habeck anlässlich der Präsentation des Plans.

Anfang Juni folgte ein Treffen mit Vertretern von Arbeitgebern und Gewerkschaften. Mit diesen sprach Habeck über einen möglichen Zeitpunkt zum Start des Stromtarifs. Laut Habeck soll das Angebot spätestens nach dem Auslaufen der Strompreisbremse im kommenden Frühjahr kommen. Finanziert werden soll der Strom für sechs Cent pro Kilowattstunde nach den Vorstellung des Wirtschaftsministers aus öffentlichen Mitteln, sprich: mit dem Geld der Steuerzahler. Habeck selbst kündigte den Industriestrom als „Brückenstrompreis“ an, der bis 2030 gelten soll. Die Kosten werden bis dahin auf etwa 25 bis 30 Milliarden Euro beziffert. 

Das Echo ist geteilt

Auf dem Treffen mit Arbeitgebervertretern und Gewerkschaftern zeigte sich neben Zustimmung auch deutliche Skepsis. Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, wirbt schon länger für die Idee eines Industriestroms. Der Gewerkschaftschef sieht ohne einen international konkurrenzfähigen Strompreis ganze Indus­trien in Gefahr. Ohne die europäische Stahlindustrie sei die Innovationskraft der Autoindustrie nicht gegeben, beim Maschinenbau sei es ähnlich, so 

der stellvertretende VW-Aufsichtsrats­vorsitzende.

Siegfried Russwurm, der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Indus­trie (BDI), mahnte mit Bezug auf den Begriff „Brückenstrompreis“ inzwischen mehr Klarheit darüber an, „wie das Ufer aussieht, zu dem wir jetzt Brücken bauen müssen“. Der BDI-Chef erklärte, neben einem schnelleren Ausbau Erneuerbarer Energien und Speichern sei auch der Bau von wasserstofffähigen Gaskraftwerken in erheblicher Kapazität unabdingbar. Zudem forderte Russwurm aber auch kurzfristige Maßnahmen: „Unternehmen aller Größenordnungen vom Mittelständler bis zum Großkonzern, die durch exorbitant hohe Strompreise in ihrer Wettbewerbs- und Existenzfähigkeit bedroht sind, die brauchen jetzt Entlastung.“

Auch innerhalb der Ampelkoalition gibt es in Sachen Industriestrom noch Klärungsbedarf. SPD und Grüne trommeln bereits seit Monaten für die Unterstützung energieintensiver Unternehmen durch einen günstigeren Strompreis. Ebenso deutlich hat FDP-Bundesfinanzminister Christian Lindner seine Ablehnung des Habeck-Plans zum Ausdruck gebracht. „Im ohnehin angespannten Haushalt gibt es auch keinen Spielraum für entsprechend hohe Subventionen“, so Lindner. Der FDP-Politiker meldete zudem auch grundsätzliche Bedenken an: Direkte staatliche Hilfen seien ökonomisch unklug.