18.05.2024

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Folge 24-23 vom 16. Juni 2023 / Ausstellung / Der Graphiker als Entomologe / Vom Geschenk der Gottesmutter bis zur göttlichen Plage – Mannheim widmet sich gezeichneten Insekten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-23 vom 16. Juni 2023

Ausstellung
Der Graphiker als Entomologe
Vom Geschenk der Gottesmutter bis zur göttlichen Plage – Mannheim widmet sich gezeichneten Insekten
Claus-M. Wolfschlag

Sommerzeit ist Insektenzeit. Dass die nützlichen wie schädlichen Plagegeister auch in der Kunst seit Langem eine Rolle spielen, zeigt eine graphische Ausstellung in Mannheim. Von wenigen kultischen Darstellungen abgesehen, beispielsweise altägyptischen Skarabäen- und Bienen-Darstellungen, entwickelte sich das künstlerische Interesse an Insekten seit der Renaissance. Das hatte mit dem erwachenden Forschungsinteresse der frühen Neuzeit zu tun. Und bei fast einer Million bislang festgestellter Insektenarten boten sich gerade in diesem Bereich vielfältige Beobachtungsmöglichkeiten. 

Frühe detaillierte Insekten-Darstellungen stammen von dem flämischen Miniaturmaler Jacob Hoefnagel (1573–zirka 1630) und dessen Vater Georg Hoefnagel (1542–1600). Jacob Hoefnagel schuf zahlreiche Radierungen, die größere öffentliche Bekanntheit erlangten. Den beiden folgten zahlreiche Insektenforscher, deren Arbeiten künstlerische Qualität aufwiesen, zum Beispiel der fränkische Kupferstecher Johann Leonhard Frisch (1666–1743), der Schweizer Maler Johann Caspar Füssli (1706–1782) und der Schweizer Entomologe Johann Heinrich Sulzer (1735–1814). So entstanden seit dem 16. Jahrhundert zahlreiche Sammelwerke mit druckgraphischen Abbildungen von Insektenarten. 

Beobachtungsgenauigkeit und künstlerischer Ehrgeiz gingen dabei eine Symbiose ein. Die Fülle der Objekte, denen sich die Insektenforscher widmeten, präsentiert die Kunsthalle Mannheim beispielhaft anhand der Schmetterlings- und Käferarten in den Drucken Eugen Johann Christoph Espers (1742–1810) und Carl Joseph Brodtmanns (1787–1862).

Die Ausstellung weist darauf hin, dass Insekten jenseits der rein naturwissenschaftlichen Darstellung auch oft eine symbolische Bedeutung hatten. Der Schmetterling diente aufgrund seiner Verwandlungen beispielsweise in der christlichen Vorstellung als Symbol für die den Körper verlassende Seele. Die Schädlinge vertilgenden Marienkäfer wurden als Geschenk der Gottesmutter angesehen. Der Hirschkäfer wurde wegen seines Geweihs als christliches Symbol verstanden, die Heuschrecke hingegen als ein Schreckbild der göttlichen Plagen. Fliegen wiederum dienen seit jeher zur Darstellung von Verfallsprozessen.

Schufen Künstler bis ins späte 19. Jahrhundert Insektendarstellungen an meist toten Modellen, die aber möglichst lebendig erscheinen sollten, so änderte sich dies im 20. Jahrhundert. Künstler entdeckten verstärkt ihr Interesse an der Darstellung toter Tiere, auch als Zeichen für die Vergänglichkeit des Lebens. Diese Tendenz zeigt sich teils in den Arbeiten jüngerer Künstler wie Horst Janssen, Armin Coray, Christine Leins und Eva-Maria Winter.

„Das Insekt“, bis zum 20. August in der Kunsthalle Mannheim, Friedrichsplatz 4, geöffnet täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr, mittwochs bis 20 Uhr, Eintritt: 12 Euro. www.kuma.art