18.05.2024

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Folge 24-23 vom 16. Juni 2023 / Uradel in Ostpreussen / Wurzeln im Land der Prußen und im Westen / Zwei Adelslinien im Deutschordensstaat – Viele Adelige dienten im Militär des Staates Preußen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-23 vom 16. Juni 2023

Uradel in Ostpreussen
Wurzeln im Land der Prußen und im Westen
Zwei Adelslinien im Deutschordensstaat – Viele Adelige dienten im Militär des Staates Preußen
Wolfgang Kaufmann

In der langen Geschichte des Kurfürstentums Brandenburg beziehungsweise Königreiches Preußen fungierte der ostpreußische Adel als Stütze der Herrscherdynastie der Hohenzollern sowie als Sachwalter der Interessen des Landes und seiner Bewohner. Das gilt auch und gerade für den Uradel Ostpreußens. Zum sogenannten Uradel zählen in Deutschland gemeinhin alle Adelsgeschlechter, deren Ursprünge sich mindestens bis zum Jahre 1400 zurückverfolgen lassen. 

Der ostpreußische Uradel setzt sich aus zwei sehr unterschiedlichen Segmenten zusammen: Denjenigen Adelsfamilien, deren Wurzeln in der Region liegen und die auf den alten prußischen Adel zurückgehen, stehen die im Verlauf der Eroberungszüge des Deutschen Ordens oder danach in Ostpreußen ansässig gewordenen Adelsgeschlechter mit Ursprüngen weiter im Westen gegenüber.

Zur ersteren Gruppierung gehören beispielsweise die Kalneins, Kalcksteins, Finckensteins, Mansteins, Gaudeckers und Perbandts. Die frühesten urkundlichen Erwähnungen beziehen sich hier unter anderem auf Personen aus dem ermländischen und samländischen Adel wie Gedune de Samethia (1255), Kirstanus de Kalksteyn (1284), Mansto de Samethia (1308) und Perbandt von Windekaym (1335). So verraten die alten Dokumente, dass der Kalksteyner und der Vorfahre der Mansteins namens Mansto von den Bischöfen des Ermlands Eigentumsrechte übertragen bekommen hatten. Gleichzeitig künden die Quellen aber auch von der ursprünglichen Unabhängigkeit vieler prußischer Edelgeschlechter. Vor ihrem Arrangement mit dem Deutschen Orden, der im 13. Jahrhundert sukzessive die Kontrolle über Ostpreußen erlangte, waren sie keinem Lehnsherren verpflichtet.

Zu diesem alteingesessenen ostpreußischen Uradel prußischer Herkunft kamen die „Zuwanderer“, welche ab 1230 in den Ordensstaat einsickerten und hier Besitz erwarben. Das betraf unter anderem das Geschlecht der Lehndorffs aus dem angrenzenden Pomerellen, die Burggrafen zu Dohna, deren älteste Wurzeln zwischen Dresden und Pirna lagen, die Herren von Kuenheim aus dem Elsass, die dem meißnischen Uradel entstammende Familie Wernsdorff sowie die Nachfahren des Nicolaus Brunsereyte aus dem Hause Bronsart von Schellendorf, dessen Herkunft sich ebenso im Dunkel der Geschichte verbirgt wie die von Hans und Jacob von Ponnau, also der Urväter des Adelszweiges von Ostau. 

Für viele Jahrhunderte präsent

Fest steht aber, dass alle diese Adelsgeschlechter zur Zeit des Deutschen Ordens in Ostpreußen Lehen erhielten und anschließend für viele Jahrhunderte in der Region präsent blieben, bis Ostpreußen nach dem Zweiten Weltkrieg in polnische und sowjetische Hände fiel. Davon zeugen ihre überall zu findenden ehemaligen Residenzen wie beispielsweise Schloss Steinort und Schloss Mohrungen, 

Die Mehrzahl der ostpreußischen Uradeligen machte bis 1945 eine Karriere beim Militär. Einige Familien brachten sogar in unablässiger Folge hohe Offiziere hervor. So kamen aus den Häusern Kalck-stein und Dohna gleich fünf preußische Generalfeldmarschälle, nämlich Christoph Wilhelm von Kalckstein und Ludwig Karl von Kalckstein sowie Alexander Burggraf und Graf zu Dohna-Schlobitten, Friedrich Ludwig Burggraf zu Dohna-Carwinden und Friedrich Burggraf und Graf zu Dohna-Schlobitten. Letzterer heiratete im November 1809 die älteste Tochter des begnadeten Militärreformers Gerhard von Scharnhorst. 

Die allermeisten preußischen Generäle stellte allerdings wohl das Geschlecht der Mansteins, wobei der prominenteste Träger des Namens Manstein, der Generalfeldmarschall der Wehrmacht Erich von Manstein, aber ein Adoptivsohn des preußischen Generalleutnants Georg von Manstein war und den Geburtsnamen Fritz Erich von Lewinski trug.

Im Zweiten Weltkrieg gingen die Militärs aus dem ostpreußischen Uradel teilweise sehr unterschiedliche Wege. So schloss sich der Generalmajor Heinrich Graf zu Dohna-Schlobitten dem Widerstand gegen Hitler an und wurde deswegen am 14. September 1944 hingerichtet. Dahingegen avancierte der General der Panzertruppen Dietrich von Saucken noch am letzten Kriegstag zu einem der 28 höchstdekorierten Soldaten der Wehrmacht: Als Oberbefehlshaber der Armee Ostpreußen sorgte er im April 1945 dafür, dass 300.000 deutsche Zivilisten aus dem Raum Danzig nach Westen flüchten konnten, und erhielt am 8. Mai 1945 das Ritterkreuz mit Eichenlaub, Schwertern und Brillanten.

Ansonsten stellte der ostpreußische Uradel auch zwei Kriegsminister. Der General der Infanterie Paul Bronsart von Schellendorff übte das Amt von März 1883 bis April 1889 aus. Einige Jahre später, nämlich im Herbst 1893, folgte ihm sein jüngerer Bruder und Inhaber des gleichen Dienstgrades Walther Bronsart von Schellendorff nach, der dann seinerseits im August 1896 demissionierte.

Weitere Angehörige des ostpreußischen Uradels, die zivile Laufbahnen einschlugen, fungierten unter anderem als preußische Kanzler, Hofbeamte, Kammerherren, Landräte, Mitglieder des Herrenhauses, Reichstagsabgeordnete, Diplomaten, Juristen und Gestütsleiter.