18.05.2024

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Folge 25-23 vom 23. Juni 2023 / Kolumbien / Heuchlerische Energiepolitik der Bundesregierung / Für Kohle aus El Cerrejón ignoriert Außenministerin Baerbock dortige Menschenrechtsverletzungen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-23 vom 23. Juni 2023

Kolumbien
Heuchlerische Energiepolitik der Bundesregierung
Für Kohle aus El Cerrejón ignoriert Außenministerin Baerbock dortige Menschenrechtsverletzungen
Bodo Bost

An dem Tag, an dem Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sich in Cali mit der kolumbianischen Vizepräsidentin Francia Márquez traf, um die neue Energiepartnerschaft zwischen ihren Ländern zu befestigen, starben 800 Kilometer weiter nördlich, in der Nähe der größten Kohlegrube Lateinamerikas El Cerrejón in La Guajira, zwei indigene Kinder an den Folgen eines Hungerstreiks. Seit Tagen blockierten die indigene Bevölkerung der Wayuu aus Protest gegen uneingelöste sozialpolitische und gesetzgeberische Versprechen der Politik Straßen und Eisenbahnstrecken und wollten damit verhindern, dass Arbeiter zur Kohlemine El Cerrejón gelangen. 

Die Kohlevorkommen in El Cerrejón sind in den 1980er Jahren von Marktscheidern der Grube Camphausen im Saarland entdeckt worden. Seitdem gibt es privilegierte Beziehungen zwischen dem Saarland, das vor einigen Jahren seine Kohleförderung eingestellt hat, und Kolumbien, das im Laufe von nur wenigen Jahren zu einem der größten Kohleförderländer der Welt aufgestiegen ist. Seit der Einstellung der russischen Erdgaslieferungen nach Westeuropa im Gefolge des Ukrainekrieges sind im Saarland und im angrenzenden Lothringen einige stillgelegte Kohlekraftwerke wieder ans Netz gegangen, um die Energielücken aufzufüllen. Letztere sind noch gewachsen, als Deutschland im April auch seine letzten drei Kernkraftwerke vom Netz nahm. 

Der Tagebau El Cerrejón, einer der größten der Welt, liegt auf dem Siedlungsgebiet mehrerer indigener Völker. Diese wurden zum Teil wegen des Tagebaus umgesiedelt und sollten dafür entschädigt werden. Die Grubenbetreiberfirma aus Großbritannien hat sich jedoch oft nicht an die Abmachungen mit den indigenen Völkern gehalten. Deshalb kam es immer wieder zu Streiks und Blockaden der Indigenen, wie auch jetzt wieder.

Kirchenvertreter wie der peruanische Kardinal Pedro Barreto, Vorsitzender des katholischen Amazonas-Netzwerkes, hatten wiederholt die scheinheilige und heuchlerische deutsche Umwelt und- Klimapolitik kritisiert, die im eigenen Land die Kohleförderung einstellt, um die Ersatzkohle von dort zu beziehen, wo die Menschenrechte nicht eingehalten werden und deswegen Menschen sterben.

Baerbock hat in Kolumbien für eine noch engere Partnerschaft mit dem viertgrößten lateinamerikanischen Land im Energie- und Klimabereich geworben. Sie unterstrich die gemeinsame werte- und ordnungsorientierte Politik sowie den Einsatz für eine feministische Außenpolitik. Appelle an die Außenministerin von Umwelt- und Menschenrechtsgruppen, in Kolumbien auch die Grube El Cerrejón zu besuchen, ignorierte sie bereits zum zweiten Mal. Vor einem Jahr hatte sie schon einmal Kolumbien besucht und dabei einen großen Bogen um die umstrittene Grube und die dortigen Menschenrechtsverletzungen gemacht. 

Baerbock glaubte gerade in der afrokolumbianischen Vizepräsidentin Márquez eine ideale Partnerin für ihre feministische Außenpolitik gefunden zu haben. Sie ist die erste Frau aus der afrokolumbianischen Gemeinschaft in einem derart hohen Staatsamt. „Ohne Beteiligung von Frauen und marginalisierten Gruppen kann es keinen stabilen Frieden geben“, sagte Baerbock. „Ohne Frieden kann es keinen Klimaschutz geben. Ohne Klimaschutz kann es keine ausreichende wirtschaftliche und nachhaltige Entwicklung geben.“ 

Sie vergaß allerdings, dass es ohne Menschenrechte keines von dreien geben wird. Von den beiden verhungerten indigenen Kindern war eines ein Mädchen von gerade einmal vier Monaten. Umweltschützer und indigene Aktivisten werfen dem Betreiber der Mine vor, durch die Bergbautätigkeit die zunehmende Wasserknappheit in der Region verursacht zu haben. Indigene, die Ureinwohner des Landes, stehen in der Hierarchie in Kolumbien noch weit unter Afroamerikanern wie Márquez.