18.05.2024

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Folge 25-23 vom 23. Juni 2023 / Porträt / Vierte Wahl für den Schleudersitz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-23 vom 23. Juni 2023

Porträt
Vierte Wahl für den Schleudersitz
H. Tews

Es gibt wohl nicht viele mit einem Jahressalär von 230.000 Euro honorierte Bürojobs, um die qualifizierte Bewerber lieber einen großen Bogen machen. Der Chefsessel beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) ist so eine Stelle, der seit dem Rauswurf von Patricia Schlesinger wegen angeblicher Vetternwirtschaft ein Pestgeruch anhaftet.

Die Journalistin und Juristin Ulrike Demmer hat sich einen Ruck gegeben und sich erfolgreich um diesen Posten beworben. Allerdings muss sie damit leben, dritte oder sogar nur vierte Wahl gewesen zu sein. Denn andere Bewerber traten wie die Interimsintendantin Katrin Vernau gar nicht erst an oder verzichteten, weil sie andere Gehaltsvorstellungen hatten. Die Sphären, in denen Schlesinger mit ihren von GEZ-Gebühren finanzierten 350.000 Euro pro Jahr schwebte, sollten für den Nachfolger jedoch tabu sein.

Nachdem ihre einzige Gegenkandidatin ausschied, hat der Rundfunkrat die 50-jährige Demmer auch erst im vierten Wahlgang mit der gerade noch notwendigen Zweidrittelmehrheit zur neuen Intendantin gewählt. Zu wenig überzeugend geriet vor der Wahl ihre Bewerbungsrede, die nach Aussagen von Teilnehmern wirkte, als bewürbe sie sich nicht um die Intendanz, sondern um eine Hospitanz.

Dass sie von 2016 bis 2021 stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung war und dabei die SPD-Seite der Großen Koalition vertrat, wirkt ebenfalls wie ein Menetekel, da der rbb neuerdings darum bemüht ist, keinen Anschein von politischer Einflussnahme zu erwecken. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke wird jedenfalls keine Gelegenheit auslassen, auf den rbb-Rundfunkrat einzuwirken, sollte sich die neue Intendantin auch nur den geringsten Fehltritt leisten.

Nach eigener Aussage besitzt die aus Solingen stammende Demmer kein Parteibuch, hat sich aber nach einem Jurastudium in Bonn und Berlin sowie journalistischen Anfängen beim NDR, rbb und ZDF-Morgenmagazin politisch nach links bewegt. So war Demmer für den „Spiegel“, den „Focus“ und das mehrheitlich von der SPD getragene RedaktionsNetzwerk Deutschland tätig.