18.05.2024

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Folge 25-23 vom 23. Juni 2023 / Gesundheit / Die Tuberkulose kehrt mit Macht zurück / Schon fast ausgerottet, breitet sich die „Schwindsucht“ massiv aus – und die starke Fixierung auf Corona hatte ihren Anteil daran

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-23 vom 23. Juni 2023

Gesundheit
Die Tuberkulose kehrt mit Macht zurück
Schon fast ausgerottet, breitet sich die „Schwindsucht“ massiv aus – und die starke Fixierung auf Corona hatte ihren Anteil daran
Wolfgang Kaufmann

Die in der Regel durch das Mycobacterium tuberculosis verursachte Tuberkulose (Tbc) zählt zu den tödlichsten Infektionskrankheiten überhaupt. Rund die Hälfte der Betroffenen stirbt ohne Behandlung. Dieses Schicksal erleiden im Jahr etwa 1,5 Millionen Menschen auf der Welt. 

Dabei war die sogenannte Schwindsucht bis 2019 stetig im Rückgang begriffen, was zum einen aus den massiven Bemühungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und zum anderen aus dem konsequenten Einsatz wirksamer Früherkennungsverfahren und Antibiotika resultierte. Deshalb konnte die Zahl der Tuberkulose-Opfer seit dem Jahre 2000 fast halbiert werden. Und 2014 stellte sich die WHO dann sogar das Ziel, die Tbc bald zur Gänze auszurotten. Dann allerdings kamen die Corona-Pandemie beziehungsweise die Maßnahmen zur Bekämpfung derselben, welche den Hoffnung erweckenden Trend binnen Jahresfrist umkehrten und die Bemühungen um die Eliminierung der Tuberkulose auf dramatische Weise konterkarierten.

So gab es ab 2020 jeweils rund 100.000 Tbc-Tote pro Jahr mehr als im Durchschnitt der Zeit zuvor. Und das dürfte erst der Anfang einer unheilvollen Entwicklung gewesen sein. Denn in der Corona-Pandemie wurden die Ressourcen im Gesundheitswesen auf rigide Weise neu verteilt, was nicht zuletzt zulasten der Tuberkulose-Bekämpfung ging. Beispielsweise dienten viele der bisherigen Tbc-Versorgungszentren plötzlich der Behandlung von Covid-19-Patienten. 

Am nachteiligsten wirkten sich Corona-Restriktionen wie Kontaktbeschränkungen und Lockdowns aus, welche zu einem Rückgang der Diagnosetätigkeit führten. Während es 2019 noch 7,1 Millionen neue Tbc-Diagnosen weltweit gab, waren es 2020 lediglich noch 5,8 Millionen. Das hat fatale Folgen, weil dadurch immer mehr Menschen das Bakterium unbemerkt verbreiten.

Das Heimtückische an der Tuberkulose ist, dass etwa ein Drittel der Weltbevölkerung den Erreger in sich trägt, ohne dass dieser aber zunächst zu einer Erkrankung führt, weil das Immunsystem wirksam Paroli bietet. Allerdings bricht die Tuberkulose bei fünf bis zehn Prozent der latent Infizierten aus, sobald es zur Schwächung der körpereigenen Abwehr kommt, wie beispielsweise im Alter. Dann besteht die Möglichkeit der Weiterverbreitung durch Tröpfcheninfektion. 

Außerdem existiert wahrscheinlich noch ein sogenannter Graubereich, in dem Menschen ohne Tbc-Symptome Bakterien aus ihren Atemwegen ausscheiden. Auf jeden Fall steckt jeder, der definitiv an Tuberkulose erkrankt ist, durchschnittlich 15 andere Personen pro Jahr an.

Das zeigt die eminente Bedeutung einer schnellen Diagnostik und umgehend einsetzenden Therapie, wobei die Behandlung aber vielfach mangels ausreichend zur Verfügung stehender Medikamente unterbleibt. Außerdem – und das macht die Sache noch zusätzlich brisant – tauchen in einigen Regionen der Erde wie Osteuropa neuerdings immer öfter Tuberkulose-Erreger auf, welche gegen eine oder sogar mehrere Sorten von Antibiotika resistent sind.