18.05.2024

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Folge 25-23 vom 23. Juni 2023 / Königsberg-Devau / Deutschlands erster ziviler Flughafen / Ausgangspunkt einer internationalen Linienflugverbindung ab 1922 – Erfolgreiches deutsch-sowjetisches Unternehmen Deruluft

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-23 vom 23. Juni 2023

Königsberg-Devau
Deutschlands erster ziviler Flughafen
Ausgangspunkt einer internationalen Linienflugverbindung ab 1922 – Erfolgreiches deutsch-sowjetisches Unternehmen Deruluft
Wolfgang Kaufmann

Bis zum Jahr 1921 verfügte Deutschland über keinen einzigen zivilen Verkehrsflughafen. Dann ging der Flughafen in Königsberg-Devau in Betrieb. Dieser lag nordöstlich von Sackheim und Kalthof an der Kleinbahnlinie von Königsberg nach Schaaksvitte und Possindern sowie auch an der Ausfallstraße von Königsberg in Richtung Labiau und Tilsit. Hier befand sich in alten Zeiten eine Kultstätte der Prußen – daher der Name „Devau“ von prußisch „Deywis“ für Gott. 

Einige Jahrhunderte später entstand an der gleichen Stelle ein Erbpachtskrug nebst einigen Häusern. Außerdem legte die preußische Armee im 18. Jahrhundert einen großen Exerzierplatz in der Nähe an, der 1914 genau wie Devau selbst in Königsberg eingemeindet wurde. Zu diesem Zeitpunkt waren auf der 1500 mal 1000 Meter großen ebenen Rasenfläche auch einige Militärflugzeuge gestartet und gelandet. Während des Ersten Weltkrieges existierte in Königsberg dann eine Flieger-Beobachtungs-Schule.

Der Bau der Flugzeughallen, Werkstätten und Betankungsanlagen des Verkehrsflughafens Devau erfolgte zwischen 1919 und 1921. Darüber hinaus entstand 1922/23 ein dreistöckiges Empfangs- und Abfertigungsgebäude mit Schalterhalle, Wartesaal, Telegrafenstation, Büros für Mitarbeiter der Flughafenverwaltung, Luftverkehrslinien und Zollbehörden sowie einer Wetterwarte. Das Ganze basierte auf Entwürfen des Königsberger Architekten Hanns Hopp, der die für ihn vollkommen neue Aufgabe meisterte, indem er ein stimmiges Gesamtensemble schuf, das an einen startenden Vogel erinnerte. Dabei stand das Hauptgebäude für den Körper des Vogels und die jeweils links und rechts anschließenden Flugzeughallen, die 20 Maschinen aufnehmen konnten, für dessen ausgebreitete Schwingen.

Die Notwendigkeit der Errichtung dieses Komplexes ergab sich daraus, dass Königsberg 1922 zum westlichen Ausgangspunkt einer internationalen Linienflugverbindung avancierte. Dem vorausgegangen war die Gründung der Deutsch-Russischen Luftverkehrs A.G. (Deruluft) am 24. November 1921 durch die sowjetrussische Handelsvertretung in Berlin und die Aero-Union AG, eine Holding der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft (H.A.P.A.G.) sowie der Luftschiffbau Zeppelin GmbH und der AEG Aktiengesellschaft. Die mit fünf Millionen Reichsmark Startkapital ausgestattete Deruluft erhielt die Lizenz zur Abwicklung des Flugverkehrs zwischen dem Deutschen Reich und Sowjetrussland. Der erste Linienflug erfolgte am 1. Mai 1922 auf der Strecke Königsberg–Kaunas–Smolensk–Moskau. Dabei wurden anfangs nur Post und einige Beamte hin und her transportiert, bis am 27. August 1922 auch der normale Passagierverkehr begann.

In 22 Stunden nach Moskau

Zunächst gab es zwischen Königsberg und Moskau zwei Flüge pro Woche, bei denen jeweils deutsche und sowjetische Besatzungen zum Einsatz kamen. Ab 1923 stieg die Zahl der wöchentlichen Flüge auf drei und ab 1924 starteten die Maschinen der Deruluft dann täglich. 1925 erfolgte zudem eine Erweiterung des Netzes: Nun begannen die Linienflüge nach Moskau bereits in Berlin, wobei es 22 Stunden dauerte, die 1600-Kilometer-Strecke mit Zwischenlandungen zurückzulegen. Darüber hinaus wurden ab 1928 auch Riga, Reval [Tallinn] und Leningrad von Berlin aus über Königsberg angeflogen.

Bei den bis zur Auflösung der Deruluft zum 31. März 1937 verwendeten Maschinen handelte es sich um die Typen Fokker F.II und F.III des Herstellers N.V. Nederlandsche Vliegtuigenfabriek, Junkers F 13 und Ju 52, Rohrbach Ro VIII Roland, Albatros L 58 und Dornier Merkur aus Deutschland sowie Tupolew ANT-9 aus der Sowjetunion.

Neben der Deruluft nutzte ab 1926 auch die Deutsche Luft Hansa AG den Platz in Devau für ihre eigene neue Nachtflugverbindung zwischen Königsberg und Berlin sowie Linienflüge nach Tilsit und Memel. Die wachsende Bedeutung des ostpreußischen Flughafens äußerte sich zudem darin, dass er 1931 zum Zollflughafen Erster Ordnung erklärt wurde und die Luft Hansa hier 1938 einen Industrieflughafen mit eigenen Werkstätten einrichtete. Die aus all dem resultierende Zahl an Starts und Landungen betrug 1939 genau 1173.

Flugschulen der Luftwaffe

Im Verlauf des Zweiten Weltkrieges diente Königsberg-Devau dann als Militärflughafen: Ab Dezember 1939 war hier zunächst eine der zwölf Blindflugschulen der Luftwaffe stationiert. Dem folgten ab August 1941 die Kurierstaffel 2, die Flugbereitschaft des Luftgaukommandos I und der Stab des Kampfgeschwaders 77. Dazu kamen die Dienststelle des Nachtjagdraumführers 112 und der Flieger-Werkstattzug 15. Als Flughafenkommandanten fungierten unter anderem Oberstleutnant Günther Riegels und Major Walther Sieh.

Nach Kriegsende wurde der schwer beschädigte Flughafen von den sowjetischen Besatzern wiederhergestellt, verlor jedoch ab 1962 rapide an Bedeutung, weil die neuen Machthaber beschlossen, in Powunden [Chrabrowo] ein internationales Drehkreuz für den zivilen Luftverkehr einzurichten. Dadurch diente Devau bald nur noch als Domizil für verschiedene Flieger- beziehungsweise Sportklubs des Königsberger Gebietes.