18.05.2024

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Folge 26-23 vom 30. Juni 2023 / Industrie / Linkes Lager streitet über Rheinmetall / Ministerpräsident Woidke will Rüstungsproduktion nach Brandenburg holen – Linkspartei sträubt sich

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-23 vom 30. Juni 2023

Industrie
Linkes Lager streitet über Rheinmetall
Ministerpräsident Woidke will Rüstungsproduktion nach Brandenburg holen – Linkspartei sträubt sich
Hermann Müller

Das Düsseldorfer Rüstungsunternehmen Rheinmetall will in Deutschland Teile für den amerikanischen F-35–Kampfjet produzieren. Die Ansiedlung des Werkes wird etwa 500 gut bezahlte Arbeitsplätze und entsprechende Steuereinnahmen bringen. Trotz solcher Aussichten haben die Ansiedlungspläne für Streit gesorgt. Bereits im Februar hatte Rheinmetall eine Kooperation mit den US-Unternehmen Lockheed Martin und Northrop Grumman bekannt gegeben. Bei der Zusammenarbeit geht es um die Produktion von Rumpfmittelteilen für die F-35 in Deutschland. 

Zum Aufbau der neuen Produktionsstätte will Rheinmetall rund hundert Millionen Euro investieren. Zu den Bundesländern, die sich in den vergangenen Wochen ins Spiel gebracht haben, gehören neben Niedersachsen und Bremen, auch Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Auch Brandenburgs Landesregierung bestätigte im Juni Ambitionen, als Gewinner aus dem Rennen um die Werksansiedelung hervorzugehen. Im Potsdamer Landtag erklärte Wirtschaftsstaatssekretär Hendrik Fischer (SPD): „Wir bemühen uns darum, Zulieferer für die Ausrüstung der Bundeswehr nach Brandenburg zu holen.“ 

Der Linkspartei-Fraktionsvorsitzende Sebastian Walter warf der Landesregierung daraufhin vor, an der Öffentlichkeit und am Parlament vorbei Geheimgespräche zu führen, um Brandenburg zu einem Rüstungsstandort zu machen. Walter erklärte zudem: „Mit der Anwerbung von Rheinmetall in Brandenburg begeht die Landesregierung einen Tabubruch.“ Brandenburg dürfe keine Geschäfte mit dem Tod machen, so der Fraktionschef. 

Tatsächlich war die Linkspartei zu dem vom Fraktionsvorsitzenden gegeißelten „Tabubruch“ selbst bereit gewesen, als sie in Brandenburg noch in Regierungsverantwortung stand. Im Jahr 2012 hatte sich nämlich der damalige Linke-Wirtschaftsminister Ralf Christoffers für den Umzug der AC&S GmbH vom Bodensee ins Luftfahrtzentrum Wildau bei Berlin eingesetzt. Zu den Projekten des Unternehmens gehörten seinerzeit auch Rüstungsvorhaben wie der Kampfhubschrauber „Tiger“ und der Militärtransporter A400M. Bei der Ankündigung des Firmenumzugs im September 2012 hatte Christoffers von einem „guten Tag für die deutsche Hauptstadtregion“ gesprochen. 

„Extrem schädliche“ Aussagen

Brandenburgs Grüne, damals noch in der Opposition, hatten vor zehn Jahren dagegen noch zu den scharfen Kritikern der Ansiedlung des Luftfahrtunternehmens gehört. Als Teil der rot-schwarz-grünen Landesregierung tragen sie nun die Bemühungen von Ministerpräsident Dietmar Woidke und Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (beide SPD) um eine Ansiedlung des Rüstungskonzerns zumindest zähneknirschend mit. „Wir sind da nicht begeistert“, so der Grünen-Fraktionsvorsitzende Benjamin Raschke. „Aber wir haben eine Parlamentsarmee, wir haben einen Parlamentsbeschluss, und deshalb ist das jetzt für uns kein No-Go.“ 

Mit dieser Haltung ersparen die Grünen dem Regierungsbündnis einen zusätzlichen Krach. Bei Fragen wie etwa der Einführung stationärer Grenzkontrollen an Oder und Neiße knirscht es zwischen Brandenburgs Grünen und der CDU ohnehin immer wieder heftig. Eine Blockadehaltung der Grünen gegenüber der Rheinmetall-Ansiedlung hätte möglicherweise ein Streit zu viel für die rot-schwarz-grüne Koalition gewesen sein können.

In Mecklenburg-Vorpommern ist es vor dem Hintergrund der Standortsuche von Rheinmetall inzwischen tatsächlich zu einem heftigen Streit in der rot-roten Regierung gekommen. Laut Recherchen des „Nordkurier“ hat Rheinmetall in den jüngsten Wochen bundesweit 70 potentielle Standorte für die neue Produktionslinie geprüft. Wie die Zeitung berichtet, soll zu den Standorten, die es in die Endrunde des Auswahlverfahrens geschafft haben, auch ein Standort in Mecklenburg-Vorpommern gehören. 

Wie schon ihre Brandenburger Genossen machen auch in Schwerin Linke-Politiker Stimmung gegen eine Ansiedlung von Rheinmetall. Diese Anti-Haltung hat allerdings in Schwerin eine viel höhere Bedeutung. Die Linkspartei sitzt hier nämlich als kleinerer Koalitionspartner zusammen mit der SPD in der Regierung. Als Juniorpartner von Manuela Schwesigs SPD haben die Linksaußen-Genossen den Aufbau des Marinearsenals der Bundeswehr in Warnemünde und auch Überlegungen zum Bau von U-Booten bei ThyssenKrupp Marine Systems in Wismar noch mitgetragen. Die Aussicht, nun auch noch Standort eines Rheinmetallwerkes zu werden, ist der Linken aber offenbar zu viel. 

Torsten Koplin, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linke-Fraktion im Schweriner Landtag, verkündete im Juni: „Es findet nicht unsere Zustimmung, weitere Rüstungsunternehmen im Land anzusiedeln.“ Beim Regierungspartner SPD löste die Blockadehaltung teilweise sehr scharfe Reaktionen aus. Johannes Arlt, SPD–Bundestagsabgeordneter aus dem Landkreis Mecklenburgische Seenplatte, sprach von „extrem schädlichen“ Aussagen und arbeitsmarktpolitisch verantwortungslosem Verhalten.