18.05.2024

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Folge 26-23 vom 30. Juni 2023 / Medien / Personeller Kahlschlag bei Axel Springer / Mitarbeiter sollen durch KI ersetzt werden – Besonders betroffen ist das Flaggschiff „Bild“

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-23 vom 30. Juni 2023

Medien
Personeller Kahlschlag bei Axel Springer
Mitarbeiter sollen durch KI ersetzt werden – Besonders betroffen ist das Flaggschiff „Bild“
Peter Entinger

Als der Axel-Springer-Verlag ein Führungsteam für die „digitale Transformation“ zusammenstellte, schrillten bei Branchenkennern und wohl auch der eigenen Belegschaft schon die Alarmglocken. Nur 24 Stunden später war es dann Gewissheit. Der Konzern wird in seinem Print-Sektor eine gewaltige Einsparungskampagne starten.

Besonders betroffen ist das Flaggschiff „Bild“-Zeitung. Ein Drittel der Regionalausgaben soll verschwinden, die restlichen auf je eine Seite plus eine Seite Regionalsport zusammenschrumpfen. Die sollen zum ersten Mal in großem Stil mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) entstehen. Ein Teil der Außenredaktionen wird ganz verschwinden, andere werden an einem Standort wie in Frankfurt oder dem Rheinland zusammengelegt. 

Der Umbau ist auch mit einem Stellenabbau verbunden. Genaue Zahlen nannte Springer nicht, weil der „Bild“-Betriebsrat noch zustimmen muss. In der Branche ist die Rede von rund 200 Stellenstreichungen, die möglichst sozialverträglich ablaufen sollen. „Wir trennen uns von Produkten, Projekten und Prozessen, die wirtschaftlich nie wieder erfolgreich werden können“, heißt es in einer Mail an die Belegschaft, die weitere Schreckensnachrichten beinhaltete. Die Funktionen der Redaktionsleiter, Blattmacher, Korrektoren, Sekretariate und Foto-Redakteure werde es so wie heute nicht mehr geben. Darüber hinaus sollen Beschäftigte für eine „wirtschaftliche Optimierung“ der Büroflächen zukünftig verstärkt aus dem Homeoffice arbeiten.

 Der Großteil der Arbeitsplätze soll demnach in der Produktion abgebaut werden, das Layout der Ausgaben soll in naher Zukunft durch KI erfolgen. Man trenne sich von Kollegen, die Fähigkeiten haben, die man mit KI nicht mehr benötige, soll „Bild“-Chefredakteurin Marion Horn laut Teilnehmern einer Online-Konferenz gesagt haben. „Das klingt brutal, und das ist es auch.“ Es sind vermutlich ältere Kollegen, die in den sauren Apfel der Früh-Pensionierung oder der Altersteilzeit beißen müssen. 

Bereits Anfang Juni hatte die Nachrichtenagentur Reuters Auszüge aus einer internen E-Mail des Vorstandsvorsitzenden der Axel Springer SE, Mathias Döpfner, veröffentlicht, in der dieser ein großes Interesse an der Übernahme eines KI-Start-ups bekundete. Der Springer-Chef sprach darin davon, den herkömmlichen Journalismus „zu töten“. Die neue Struktur, mit der die im Februar verkündete Digital-only-Strategie umgesetzt werden soll, kommt demnach zum 1. Januar 2024. Vom nächsten Monat an soll es erste Veränderungen geben. 

Die Auflage von Deutschlands größter Boulevardzeitung ist seit mehr als einem Jahrzehnt massiv eingebrochen. Ende vergangenen Jahres lag die verkaufte Auflage bei 1,1 Millionen Exemplaren. Im vierten Quartal 2013 waren noch mehr als doppelt so viele Exemplare täglich verkauft worden. Dennoch fuhr das Blatt Gewinne ein. 

Entsprechend überrascht reagierte der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Frank Überall: „Wenn Mathias Döpfner die Milchkuh des Konzerns schlachten will, ist das nicht nur unsozial gegenüber den Beschäftigten, sondern wirtschaftlich extrem dumm.“ „Bild“ sei nach wie vor der Gewinnbringer von Axel Springer. „Weniger Regionalberichterstattung bedeutet weniger Leserservice und damit weniger Leserinnen und Leser“, so Überall.