18.05.2024

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Folge 26-23 vom 30. Juni 2023 / Virologie / Das Geheimnis beispielhafter Krankheitsresistenz / Fledermäuse und Flughunde bergen eine Vielzahl gefährlicher Erreger in sich, ohne daran zu erkranken. Wie machen sie das?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-23 vom 30. Juni 2023

Virologie
Das Geheimnis beispielhafter Krankheitsresistenz
Fledermäuse und Flughunde bergen eine Vielzahl gefährlicher Erreger in sich, ohne daran zu erkranken. Wie machen sie das?

Innerhalb der Klasse der Säugetiere bilden die Fledertiere eine eigene Ordnung, zu der etwa 1450 Arten gehören. Damit stellen die einzigen Säugetiere, die aktiv fliegen können, ein Fünftel aller Säugetierarten. Fledertiere sind dabei. Zu ihnen gehören die Flughunde, welche sich meist pflanzlich ernähren und ein gutes Sehvermögen besitzen, sowie die Fledermäuse, die vor allem Insekten fressen und bei der Orientierung vorrangig auf Ultraschall setzen. 

Beide Unterordnungen zeichnen sich durch ein ganz besonderes Merkmal aus: Sie beherbergen zahllose gefährliche Erreger im Körper, wie beispielsweise Marburg-Viren, Ebola-Viren, Tollwut-Viren und Corona-Viren, ohne jedoch deswegen ernsthaft zu erkranken. Dies kommentierte der Virologe Joshua Hayward vom Burnet Institute in Melbourne mit den Worten: „Es gibt so eine Art Friedensabkommen zwischen den Fledertieren und den Erregern, die sie in sich tragen.“ Deshalb ist das Interesse an Flughunden und Fledermäusen während der Corona-Pandemie stark gewachsen, obwohl das für COVID-19 verantwortliche Virus SARS-CoV-2 letztlich wohl einen anderen Wirt hat oder gar aus dem Labor kam. Dabei dreht sich alles um die Frage: Was macht das Immunsystem der Fledertiere so robust, und könnte der Mensch von dessen Erforschung profitieren?

Geld für diesbezügliche Untersuchungen steht inzwischen genug zur Verfügung. Allerdings ist die Arbeit mit Fledertieren nicht einfach. Bislang konnten nur Langzungen-Flughunde, Jamaika-Fruchtfledermäuse, Nilflughunde und Breitflügelfledermäuse in Gefangenschaft gehalten und zum Gegenstand groß angelegter Testreihen gemacht werden. Dennoch liegen nun erste Erklärungen für die erstaunliche Resistenz gegen Viren vor.

So verfügen Fledertiere augenscheinlich über eine effektive erste Verteidigungslinie gegen eindringende Erreger: Spezielle Signalmoleküle sorgen für umgehende Abwehrreaktionen, dazu kommen raffinierte gentechnische Baupläne für Proteine zur Begrenzung der Virenvermehrung und ein wirksames System der „Entsorgung“ beschädigter Zellbestandteile.

Dahinter wartet dann eine zweite Barriere zur Verhinderung ernsthafter Symptome: Auch wenn sich die Zahl der Erreger nicht ausreichend begrenzen lässt, erfolgt keine überschießende Entzündungsreaktion des Körpers, wie sie beispielsweise bei vielen SARS-CoV-2-Opfern auftritt. Das resultiert aus der Unterdrückung der Bildung sogenannter Inflammosome. Somit muss der Organismus keine unnötige Energie für die Auslöschung der Viren aufwenden, sondern toleriert diese einfach in gewissem Maße.

Schließlich besitzen Fledertiere die Fähigkeit zu zielgerichteten Immunantworten, weil ihr Körper extrem viele Informationen über den Kontakt mit den Erregern abspeichert und bei einer erneuten Infektion abruft. Das alles ist offenbar die Folge des Vorhandenseins bestimmter Gene wie vor allem des ISG 15, dessen Erforschung nun als Voraussetzung für die Entwicklung entsprechender antiviraler Medikamente für den Einsatz beim Menschen gilt. W.K.