18.05.2024

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Folge 26-23 vom 30. Juni 2023 / Deutsche Ostmesse / Als sich die Welt in Königsberg traf / Was als landwirtschaftliche Ausstellung begann, entwickelte sich schnell zu einem beliebten Anziehungspunkt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-23 vom 30. Juni 2023

Deutsche Ostmesse
Als sich die Welt in Königsberg traf
Was als landwirtschaftliche Ausstellung begann, entwickelte sich schnell zu einem beliebten Anziehungspunkt
Wolfgang Kaufmann

Infolge der im Versailler Diktat verfügten Gebietsabtretungen war die Provinz Ostpreußen nach dem Ersten Weltkrieg durch den Polnischen Korridor vom Hauptteil des Deutschen Reiches abgeschnitten und nur auf dem Luft- oder Seewege problemlos erreichbar. Das zeitigte erhebliche negative wirtschaftliche Folgen, was zu zahlreichen Initiativen führte, welche die Stärkung von Industrie, Landwirtschaft, Handwerk und Handel in der nunmehrigen Exklave zum Ziel hatten. In diesem Zusammenhang wurde im September 1920 die erste Deutsche Ostmesse in Königsberg abgehalten, zu deren Eröffnung auch der sozialdemokratische Reichspräsident Friedrich Ebert und Reichswirtschaftsminister Ernst Scholz von der nationalliberalen Deutschen Volkspartei mittels des Seedienstes Ostpreußen anreisten.

Bei der Ostmesse 1920 handelte es sich um eine landwirtschaftliche Investitions- und Verbrauchsgütermesse, die auf rund 50.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche im Königsberger Tiergarten abgehalten wurde. Sie sollte zeigen, dass Ostpreußen auch weiterhin als wirtschaftliche Brücke zwischen Deutschland und den Staaten Osteuropas fungieren könne. Die Palette der Güter, die in diesem Zusammenhang eine Rolle spielten, umfasste neben Nahrungsmitteln vor allem Kolonial- und Eisenwaren, Flachs, Hanf, Häute, Felle und Leder, Baumaterialien, Kohlen, Textilprodukte, Holz und Brennstoffe.

Aufgrund des Erfolges der ersten Ostmesse wurden in der Zeit danach auch Industriegüter einbezogen, um der deutschen Wirtschaft weitere Absatzmöglichkeiten im Osten des Kontinents zu verschaffen. Darüber hinaus fand die Veranstaltung zwischen 1921 und 1927 zweimal im Jahr statt, nämlich im Februar und im August, bevor es dann ab 1928 wieder nur noch eine Messe pro Jahr gab, die in die zweite Augusthälfte fiel.

Erfolg führte zur Vergrößerung

Um mehr Ausstellungsfläche zu schaffen, stellte die Stadt Königsberg Grundstücke im Bereich des ehemaligen Festungsgrabens für die Errichtung dauerhafter Messegebäude zur Verfügung, die teilweise bereits zur Frühjahrsmesse 1921 fertiggestellt waren. 

Die Pläne hierfür stammten von dem beim Königsberger Messamt beschäftigten Architekten Hanns Hopp. Dieser entwarf außerdem den ab August 1921 benutzten Eingangsbereich samt Restaurant, der symbolisch auf die Funktion der Messe hinwies, indem er an die Zelte orientalischer Basare samt ihrer langen dünnen Stützstangen erinnerte.

Darüber hinaus sollte ein sogenanntes Haus der Technik entstehen, das als Ausstellungshalle für Landmaschinen gedacht war. Allerdings wurde dieses Vorhaben zunächst durch die Inflation vereitelt. Nach deren Ende konnte Hopp sich dann auch hier verwirklichen und ein Gebäude errichten, das als herausragendes Beispiel des architektonischen Expressionismus in Deutschland galt. Kern desselben war die 6000 Quadratmeter große Messehalle im Innern eines großen Kubus, um den herum vier kleinere Kuben mit einem Kino und Büros sowie der Privatwohnung Hopps lagen. Das ganze Ensemble wirkte aufgrund seiner dunkelroten Backsteinhülle und der damit kontrastierenden Details aus hellem Sichtbeton ausgesprochen beeindruckend.

Vom Erfolg der Deutschen Ostmesse Königsberg kündet unter anderem, dass selbst im Krisenjahr 1923 um die 2500 Firmen präsent waren und ihre Produkte vorstellten. Währenddessen wuchsen die Besucherzahlen unablässig. 1930 kamen bereits 120.000 Besucher, davon 2500 aus dem Ausland. Im Jahr 1937 wurde mit 204.000 Messegästen ein absoluter Rekord aufgestellt.

Die Ostmesse öffnete ihre Pforten sogar noch nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, wobei es 1940 zwei Besonderheiten gab: Nachdem in den Jahren zuvor lediglich Japans im März 1932 gegründeter Verbündeter Mandschukuo im Nordosten Chinas für sich und seine Erzeugnisse geworben hatte, war nun auch die gegen Japan kämpfende Republik China in Königsberg vertreten.

Darüber hinaus sorgte der 1939 abgeschlossene Nichtangriffsvertrag zwischen dem Dritten Reich und der UdSSR für eine massive Präsenz sowjetischer Aussteller. So waren im August 1940 folgende Allunions-Ausfuhrvereinigungen in Königsberg vertreten: Exportkhleb (Getreide und Futtermittel), Exportljon (Flachs und Baumwolle), Exportles (Holzmaterialien), Neftexport (Erdölindustrie), Sojus­promexport (Erze und Düngemittel), Sojuspuschnina (Pelze), Techno­export (Landmaschinen) und Rasno­export (Pharmazeutische Rohstoffe). Dazu kamen mit Meschdunarodnaja Kniga und Intorgkino die Ausfuhrvereinigungen für Buchdruckerzeugnisse und Spielfilme sowie das sowjetische Touristikunternehmen Intourist.

Ein Jahr später herrschte Krieg zwischen den Reichen Adolf Hitlers und Josef Stalins. Dennoch fand im Oktober 1941 noch eine letzte Deutsche Ostmesse statt.

Deren Baulichkeiten wurden nach der sowjetischen Annexion des Königsberger Gebietes unter anderem als Sporthalle sowie als Verwaltungsgebäude benutzt. Dahingegen dient das Haus der Technik seit seiner 2004 begonnenen Generalsanierung heute als Einkaufszentrum mit dem Namen „Epitsentr“.