Berlins Friedrichstraße ist wieder auf voller Länge für Autos befahrbar. Pünktlich um Mitternacht ist am 1. Juli ein jahrelang gesperrter Abschnitt des Prachtboulevards wieder für den Autoverkehr freigegeben worden. Bereits im Mai hatte die Senatsverwaltung unter Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) eine Anordnung des grün-geführten Bezirksamtes Berlin-Mitte aufgehoben und angekündigt, die Straße für Autos zu öffnen.
Die Sperrung der Straße hatte noch die Vorgängerregierung von SPD, Grünen und Linkspartei durchgedrückt. Gegen Proteste von Anwohner und Gewerbetreibenden hatte maßgeblich die damalige Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) die Teilsperrung vorangetrieben.
Scharfe Kritik an der Verkehrspolitik der Grünen kommt unterdessen von Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner (CDU). „Die Bilanz nach sechs Jahren Verkehrsverwaltung durch die Grünen ist alles andere als gut“, sagte er.
Das gelte auch und gerade mit Blick auf Radwege. Jarasch habe sich vorgenommen, 40 Kilometer neue Fahrradwege pro Jahr zu schaffen. Es seien 26,5 geworden, moniert das neue Stadtoberhaupt. „Ich finde, das ist keine gute Bilanz.“ Wegner verteidigt, dass die Senatsverwaltung nun die Radwegeplanung des Vorgängersenats einer Prüfung unterzieht. Dass die Verkehrsverwaltung nunmehr beim Radwegebau überprüfe, was die Vorgängerregierung gemacht habe, sei völlig normal, so Berlins Regierender Bürgermeister.
Die Ankündigung der neuen Verkehrssenatorin Schreiner, zahlreiche Radwegeprojekte zu überprüfen, hat unterdessen bereits zu Protesten geführt. Organisationen wie Fridays for Future, der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Berlin und die Gruppe Changing Cities hatten sogar zu einer Fahrrad-Großdemo durch Berlin am 2. Juli aufgerufen (siehe Kolumne). Kernforderung ist die sofortige Umsetzung des noch vom Vorgängersenat beschlossenen Mobilitätsgesetzes.
Grüne setzen auf Konfrontation
Aus Sicht von Wegner war die Verkehrspolitik des alten Senats allerdings ein entscheidender Auslöser für seinen Wahlerfolg im Februar. „Ein ganz maßgeblicher Punkt für das Wahlergebnis war die Verkehrspolitik von der grünen Verkehrssenatorin.“ Im Kontrast zu dieser Diagnose kündigte das grün-geführte Friedrichshain-Kreuzberg nun sogar noch mehr Maßnahmen zur „Verkehrsberuhigung“ auf bezirklicher Ebene an. Wie die Grünen-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung von Friedrichshain-Kreuzberg auf Twitter mitteilte, sind insgesamt rund 280 Maßnahmen geplant. In den kommenden Jahren sollen in dem Bezirk allein 27 Fußgängerzonen entstehen, dazu auch noch Einbahnstraßen, Schulzonen und neue Tempolimits. Vorgestellt hat diese Pläne die zuständige Bezirksstadträtin, Annika Gerold (Grüne), unter dem Motto „Xhain beruhigt sich“.
„Verkehrsberuhigen“ wollen die Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg auch erneut einen Teil der Friedrichstraße. Laut den vorgestellten Plänen soll in dem Teil der Straße, der zu Kreuzberg gehört, eine neue Fußgängerzone entstehen. H.M.


