Die Kirchengemeinde der St. Marienkirche in Berlin-Mitte im Park am Fernsehturm feiert den 300. Jahrestag der Weihe der barocken Wagner-Orgel. Die nach ihrem Schöpfer Joachim Wagner benannte Orgel wurde nach ihrer Fertigstellung 1723 von Sachverständigen abgenommen sowie geweiht und erklingt nach gründlicher Sanierung zum Jubiläum im Rahmen des noch bis August stattfindenden
18. Berliner Orgelsommers.
Einen besonderen Höhepunkt bildet am 28. Juli zum Todestag von Johann Sebastian Bach das Orgelkonzert in der
St. Marienkirche mit Werken des berühmten Thomaskantors. Auf der erneuerten Wagner-Orgel spielt ab 19 Uhr der Marienorganist Xaver Schult.
Die Marienkirche entstand als dreischiffige Hallenkirche im Stil der märkischen Backsteingotik, wurde 1292 erstmals urkundlich als Pfarrkirche erwähnt und gilt heute als die „älteste noch sakral genutzte Pfarrkirche Berlins“. Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges gehörte sie zu den wenigen noch benutzbaren Berliner Großkirchen. Beherrschte sie früher im städtebaulich engbebauten Zentrum am ehemaligen Neuen Markt das städtische Bild, so steht sie jetzt nach den baulichen Veränderungen des Umfeldes als Solitärbau in einer Freifläche nahe dem Fernsehturm. Die interessante Ausstattung reicht vom Totentanzfresko in der Turmhalle, einem der bedeutendsten Kunstwerke Berlins aus dem Mittelalter, über den barocken Hochaltar, das gotische Taufbecken und die Alabasterkanzel von Andreas Schlüter bis zur berühmten Barockorgel von Joachim Wagner. Sie gilt als die schönste Orgel Berlins und erlebte im Rahmen der Erneuerung eine Anpassung an die aktuelle musikalische Praxis. Dazu gesellen sich fünf zusätzliche Register, die dem Wagner-Vorbild folgen.
Joachim Wagner (1690–1749), der Schöpfer der barocken Marienorgel, stammte aus Karow bei Genthin, erlernte das Orgelbauhandwerk beim Arp-Schnitger-Schüler Matthäus Hartmann und vervollkommnete sich auf einer jahrelangen Wanderschaft in der Obhut von Gottfried Silbermann. Die an Silbermann orientierte spätere Ausrichtung in der Orgelbaukunst trug ihm trotz großer Eigenständigkeit und der Herausbildung einer eigenen Schule den Beinamen „märkischer Silbermann“ ein.
Wagner schuf insgesamt 52 Orgeln und prägte den gültigen Typ der preußischen Barockorgel. Als er mit dem Ruf des Silbermannschülers nach Berlin kam, erhielt er 1719 den Auftrag für die Orgel in St. Marien. Sie war sein erstes eigenständigen Meisterwerk und erregte mit der ungewöhnlichen Klangpracht schon bei der Einweihung großes Aufsehen.
Die Palette von Wagners Folgeinstrumenten reichte vom Dom in Brandenburg, über Kirchen in der Uckermark bis zu den Orgelwerken in St. Marien in Salzwedel und St. Petri in Berlin. Zahlreiche Schüler von ihm erlangten später mit dem übernommenen „Wagnerstil“ eigene Bekanntheit. Mit Werken von Bach weckt Marienorganist Schult die Jubiläumsorgel zum Todestag des Komponisten zu neuem Leben. Sind Bachkonzerte an sich schon für viele Klassikfreunde ein Leckerbissen, so sind Konzerte mit dessen Kompositionen auf der barocken Wagner-Orgel in St. Marien ein ganz besonderer Ohrenschmaus.
b Eintritt: 8 Euro an der Abendkasse.
www.marienkirche-berlin.de


