17.11.2025

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Folge 30-23 vom 28. Juli 2023 / Wohlstand / Deutschland fällt gleich in doppelter Hinsicht zurück / Die Deutschen drohen von den anderen Europäern und die Europäer von den USA abgehängt zu werden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-23 vom 28. Juli 2023

Wohlstand
Deutschland fällt gleich in doppelter Hinsicht zurück
Die Deutschen drohen von den anderen Europäern und die Europäer von den USA abgehängt zu werden
Hermann Müller

In einem vielbeachteten Artikel diagnostiziert das „Wall Street Journal“ („WSJ“), dass die Europäer im Vergleich zu den Bewohnern der USA immer ärmer werden. Die Finanzzeitung beruft sich bei ihrer Analyse unter anderem auf Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Dem „WSJ“-Beitrag zufolge stehen inflationsbereinigt steigenden Löhnen in den Vereinigten Staaten stagnierende oder sogar sinkende Reallöhne auf dem europäischen Kontinent gegenüber. Laut der OECD sind die Löhne inflationsbereinigt in den USA seit 2019 um sechs Prozent gestiegen. Dagegen sanken in Deutschland während dieses Zeitraums die Reallöhne um rund drei Prozent, in Griechenland sogar um sechs Prozent. 

Ebenfalls nach Angaben der OECD ist der Konsum in 20 Ländern der Eurozone seit Ende 2019 um etwa ein Prozent zurückgegangen, während er in den USA um fast neun Prozent stieg. Noch vor eineinhalb Jahrzehnten entfiel jeweils etwa ein Viertel der weltweiten Konsumausgaben auf die EU und die USA. Mittlerweile entfallen auf die EU nur noch knapp 18 Prozent. Der Anteil der USA ist dagegen auf rund 28 Prozent gewachsen.

Das „WSJ“ sieht hinter dem Wohlstandsverlust in Europa, der bereits seit dem Jahr 2000 zu beobachten ist, mehrere Gründe. Die Kombination aus Corona-Pandemie und Ukrainekrieg habe zum einen zu Produktionsengpässen und steigenden Preisen für Energie- und Lebensmittel geführt. Hinzu komme, dass die Bevölkerung Europas immer älter werde, sowie der Rückgang der Arbeitszeit, weil viele Arbeitnehmer statt Einkommenszuwächsen mehr Freizeit bevorzugen würden. In den USA haben laut dem „WSJ“ die Menschen von billiger Energie und staatlichen Hilfen profitiert, die weniger den Unternehmen als den Bürgern zugutegekommen seien. 

Sinkende Reallöhne und nachlassender Konsum sorgten wiederum dafür, dass sich der Abwärtstrend noch verstärke. Die Verarmung Europas mache den Kontinent für Unternehmen immer unattraktiver. Im Kontrast dazu locke der Markt in den USA mit der Möglichkeit steigender Umsätze. Da kann es nicht verwundern, dass das „WSJ“ prognostiziert, dass die Kluft zwischen den beiden Wirtschaftsräumen sich noch vergrößern wird. Die Zeitung beruft sich dabei auf einen Bericht des European Centre for International Political Economy (ECIPE), einer neoliberalen Denkfa-brik, die Policyforschung zu internationalen Wirtschafts- und Handelspolitiken mit europäischer Relevanz. Es ist davon die Rede, dass der Abstand bis zum Jahr 2035 so groß geworden sein werde wie heute der zwischen Japan und Ecuador.

Im Problemfall Europa stellt Deutschland einen besonderen dar. In einer falschen Richtung unterwegs sieht beispielsweise Heinrich von Pierer den Wirtschaftsstandort: „Mit immer neuen Subventionen als Dauerveranstaltung, um Defizite auszugleichen, wird die Zeitenwende jedenfalls nicht gelingen, die Energiewende schon gar nicht“, so der ehemalige Chef des Siemens-Konzerns in der „Bild“-Zeitung. Der Ökonom Daniel Stelter warnte in einem Interview unlängst sogar davor, dass die Bundesrepublik durch die Abwanderung von Industrie als Folge hoher Energiepreise auf dem Wege sei, zum Armenhaus Europas zu werden.