17.11.2025

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Folge 30-23 vom 28. Juli 2023 / Franz Ernst Neumann / Galionsfigur der ostpreußischen Wissenschaft / Der Physiker und Vater der „Königsberger Schule“ erhielt die Ehrendoktorwürde und verschiedene Auszeichnungen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-23 vom 28. Juli 2023

Franz Ernst Neumann
Galionsfigur der ostpreußischen Wissenschaft
Der Physiker und Vater der „Königsberger Schule“ erhielt die Ehrendoktorwürde und verschiedene Auszeichnungen
Martin Stolzenau

Franz Ernst Neumann stammte eigentlich aus der Mark Brandenburg, war der uneheliche Sohn einer geschiedenen Gräfin und machte in Königsberg als Universitätsprofessor Karriere bis dahin, dass er die sogenannte „Königsberger Schule“ der Physik begründete. Er betrieb vielgestaltige Forschungen, die zu neuartigen Erkenntnissen führten, erhielt in Anerkennung seiner Verdienste viele Ehrungen und wurde vom Preußenkönig auch mit dem Orden „Pour le Mérite“ ausgezeichnet. Seine Schüler besetzten dann fast alle deutschen Lehrstühle für Physik und prägten für Jahrzehnte den Fortschritt in Deutschland.

  Die Wiege des begnadeten Physikers stand aber in Mellin, einem Vorwerk der Gemeinde Friedrichswalde, die zum Amt Joachimsthal in der Schorfheide im Landkreis Barnim gehörte. Er wurde am 

11. September 1798 geboren und hatte eine ungewöhnliche Herkunft. Seine Mutter war die geschiedene Gräfin Charlotte Friederike  Wilhelmine von Mellin, deren Vater als Flügeladjudant Friedrichs II. fungiert hatte und die nach ihrer Scheidung eine Liaison mit Franz Ernst Neumann eingegangen war,  ihrem Gutsverwalter. 

Theologiestudium auf Wunsch der Familie

Nach der Geburt des Jungen kam er in die Obhut der Eltern des Vaters, die ihn einfach, aber fürsorglich erzogen, ihm eine patriotische Haltung vermittelten und ihn auf eine Theologen-Laufbahn orientierten. Der junge Neumann trat zunächst als Kriegsfreiwilliger mit 15 Jahren ins preußische Grenadier-Regiment „Graf Gneisenau“ ein,  kämpfte in den Befreiungskriegen gegen die napoleonische Fremdherrschaft und wurde in der Schlacht von Ligny im Vorfeld von Belle-Alliance schwer verwundet. 

Nach einem schwierigen Genesungsverlauf mit bleiben- den Gesichtsschäden legte er am Friedrichswerderschen Gymnasium in Berlin das Abitur ab. Obwohl ihn die Naturwissenschaften und besonders die Mathematik interessierten, folgte er dem Wunsch des Vaters und seiner Großeltern und studierte zunächst Theologie in Berlin. Aber dann wechselte Neumann mit einem Stipendium nach Jena, wo er seinen Interessen folgte. 

Er wurde promoviert, hielt in der Folge in Berlin Vorlesungen und übernahm nach Förderung durch Leopold von Buch die Leitung des Naturalien-Kabinettes.

  Mehrere Förderer vermittelten den begabten Hoffnungsträger der Naturwissenschaften 1826 an die Universität in Königsberg, an der er zunächst als Privatdozent wirkte, engen Kontakt zu Karl Gottfried Hagen und Friedrich Wilhelm Bessel unterhielt sowie 1828 zum außerordentlichen Professor erhoben wurde. 

1829 folgte die Ernennung zum ordentlichen Professor für Mineralogie und Physik. Er heiratete danach Hagens Tochter Florentine, erregte mit seinen Forschungen, seiner ungewöhnlichen Lehrtätigkeit und den damit verbundenen Veröffentlichungen landesweit Aufsehen und zog damit Studenten aus ganz Deutschland und dem Ausland an. 

Für seine Schüler richtete er aus eigenen Mitteln ein physikalisches Labor ein, das den akademischen Nachwuchs in seinem Sinne prägen half. Die Reihe seiner aufsehenerregenden Erkenntnisse reichte in der Kristallographie und Mineralogie bis zur Entwicklung des sogenannten Neumannschen Prinzips, das die Eigenschaften eines Kristalls mit dessen Struktur verbindet, über  verschiedene Aspekte der Wellentheorie des Lichts in der Physik bis zur Erarbeitung einer allgemeinen Theorie der Induktionsströme für geschlossene Stromkreise. 

Karriere an der Königsberger Universität

Neumann gedieh zu einer preußischen Galionsfigur der Königsberger Universität mit internationaler Anziehungskraft, fungierte mehrfach als ihr Rektor und erhielt zahlreiche Ehrungen. Das reichte von der Ehrendoktorwürde über die Verleihung verschiedener Orden wie den Orden „Pour le Mérite“ bis zur Berufung als Mitglied in mehrere deutsche und ausländische Akademien.  Viele vormalige Schüler übernahmen nach ihrer Königsberger Zeit Physik-Lehrstühle an bedeutenden deutschen Universitäten. Man sprach nun von der „Königsberger Schule“. Dazu schuf der Maler Carl Steffeck im Auftrag des Preußenkönigs für die Nationalgalerie ein Ölgemälde von ihm.

  Diese Welle des Erfolges und der Anerkennung wurde unterbrochen durch den Tod seiner ersten Frau. Danach heiratete er deren Cousine Wilhelma Hagen, die allerdings ebenfalls früh verstarb. Der Vater der „Königsberger Schule“ wurde trotz seiner schweren Kriegsverletzung 96 Jahre alt, unternahm noch im hohen Alter lange Spaziergänge und starb am 23. Mai 1895 in Königsberg.