Das Schicksal der für die Preußische Hauptkadettenanstalt in Berlin gebauten Kaserne spiegelt deutsche Geschichte vom Königreich Preußen über die Weimarer Republik, das Dritte Reich und die Besatzungszeit bis zur Berliner Republik. Im Jahre des zweiten Einigungskrieges, 1866, kaufte Johann Anton Wilhelm Carstenn die Güter Lichterfelde und Giesensdorf zur Errichtung der Villenkolonien Lichterfelde-West und -Ost in der Nähe von Berlin. Es spricht für die Wertschätzung, die das Militär im Allgemeinen und das Offizierskorps im Besonderen genossen, dass er partout die Hauptkadettenanstalt in seinem neuerworbenen Areal ansiedeln wollte, um damit dessen Image und die Attraktivität als Wohngegend zu erhöhen. Er bot der öffentlichen Hand derart großzügige Konditionen, dass der Staat zugriff – und es ihn selbst schließlich ruinierte.
In Anwesenheit des Kaisers und Königs Wilhelm I. wurde vor 150 Jahren, am 1. September 1873, an der damaligen Zehlendorfer Straße, der heutigen Finckensteinallee, der Grundstein gelegt. Ein halbes Jahrzehnt später war der Bau fertig und konnte anschließend seiner Bestimmung übergeben werden.
Der Ruf der Anstalt war derart gut, dass nach dem Ersten Weltkrieg die Sieger in Versailles das Reich zwangen, sie aufzulösen. Diese Auflösung erfolgte am 20. März 1920. Schon damals wurde an eine Neunutzung als Archiv gedacht. Die Gemeinde Lichterfelde plädierte jedoch erfolgreich für eine zivile Schule. Das war nicht abwegig. Inhaltlich hatten die Lehrgänge an der Kadettenanstalt der Ausbildung an einem Realgymnasium entsprochen. Und die Unterkünfte der Kadetten konnten nun für Internatsschüler genutzt werden.
Dieser Nutzung als ziviler Bildungsstätte folgte die Remilitarisierung in der NS-Zeit. Noch im Jahr der Machtergreifung zogen übergangsweise SS, SA und Landespolizei ein. Ab 1934 war der gesamte Gebäudekomplex Sitz der Leibstandarte SS Adolf Hitler. Diese war in die sogenannte Niederschlagung des Röhm-Putsches, auch als Nacht der langen Messer bekannt, involviert, und so fanden denn auch hier viele Exekutionen statt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg zogen die Sieger und Besatzer in die schönsten Immobilien und die US-Streitkräfte in die vormalige SS-Kaserne, die nun nach dem US-Generalleutnant Frank Maxwell Andrews „Andrews Barracks“ hieß.
Seit dem Abzug der Alliierten im Jahr 1994 wird das Gelände wieder wie zur Weimarer Zeit zivil genutzt, vom Bundesarchiv. Inzwischen sind dort die zentralen Archive des Deutschen Reichs und der DDR zusammengefasst.


