07.11.2025

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Folge 35-23 vom 01. September 2023 / US-Justiz II / Ankläger wandeln auf sehr dünnem Eis / Vorbestrafte Belastungszeugen und atemberaubende Interpretationen von Aussagen wecken Zweifel an den Vorwürfen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-23 vom 01. September 2023

US-Justiz II
Ankläger wandeln auf sehr dünnem Eis
Vorbestrafte Belastungszeugen und atemberaubende Interpretationen von Aussagen wecken Zweifel an den Vorwürfen

In den bevorstehenden vier Strafprozessen gegen Trump muss die Anklage in allen Fällen juristisch schwieriges Terrain betreten. So findet sich im Zentrum der 45-seitigen Anklageschrift zu Trumps Rolle beim sogenannten Sturm auf das Kapitol ein nachgerade absurder Passus. 

Weil die Staatsanwaltschaft beim besten Willen nicht ignorieren konnte, dass der abgewählte Präsident zwar zu einer Demonstration aufgerufen hatte, aber eben mit dem entscheidenden expliziten Zusatz „friedlich und patriotisch“, wertete sie seine Twitter-Botschaft als Beweis für eine Lüge in verschwörerischer Absicht: Trump habe „fälschlich suggeriert, dass die Menge am Kapitol friedlich sei“.

Doch damit nicht genug: Der erste Zusatzartikel zur US-Verfassung garantiert die „Rede- und Pressefreiheit“ sowie „das Recht des Volkes, sich friedlich zu versammeln und an die Regierung eine Petition zur Abstellung von Missständen zu richten“. Hierauf kann sich natürlich auch Trump berufen, denn Unregelmäßigkeiten bei der Präsidentenwahl hat es tatsächlich gegeben. Eine Beschränkung dieses Rechts legitimierte der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten bislang nur bei absolut unzweideutigen Aufrufen zu „direkt bevorstehenden gesetzlosen Handlungen“. Aber genau die wird man Trump schwerlich nachweisen können.

Aus dem gleichen Grunde dürften auch die Ankläger in Georgia Probleme bekommen, den Vorwurf der Verschwörung und Wahlmanipulation aufrechtzuerhalten. Das Ansinnen, fehlende Stimmen zu „finden“ und das Wahlergebnis „nachzuberechnen“, ist gleichermaßen von der US-Verfassung gedeckt, wenn Trump tatsächlich davon überzeugt war, dass nicht ordnungsgemäß ausgezählt worden sei. Und dies traf ganz offensichtlich zu.

Über noch dünneres Eis geht der New Yorker Staatsanwalt Alvin Bragg. Seine zwei einzigen Belastungszeugen, Trumps ehemaliger Anwalt Michael Cohen und der frühere Anwalt der Porno-Darstellerin Clifford, Michael Avinati, wurden beide wegen verschiedener Delikte zu drei beziehungsweise 20 Jahren Haft verurteilt. Dazu kam im Falle von Cohen auch noch ein Meineid gegenüber dem Kongress. Ganz gleich, was die windigen Advokaten also aussagen sollten: Als Beweismittel gegen Trump und Grundlage einer Verurteilung dürfte das kaum ausreichen.

Etwas anders liegt der Fall bei den Geheimdokumenten und Verschlusssachen, die der ehemalige Präsident nicht hätte behalten dürfen. Hier verstieß Trump möglicherweise gegen das Spionagegesetz von 1917. Andererseits wurden mittlerweile ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit desselben laut, weil viele Formulierungen ungewöhnlich vage sind. Darüber hinaus haben auch andere hochrangige US-Politiker wie die früheren Vizepräsidenten Joe Biden, Mike Pence und Dick Cheney vertrauliche Unterlagen aus ihrer Amtszeit mit nach Hause genommen, anstatt sie – wie vorgeschrieben – dem Nationalarchiv zu übergeben. Das alles verstärkt bei vielen US-Amerikanern den Eindruck, dass es sich bei den Strafverfahren gegen Trump um politisch motivierte Prozesse handelt. W.K.