Ein langer erfüllter irdischer Lebensweg ging am 7. Juni in Burgdorf bei Hannover zu Ende, ein Weg, der am 5. Januar 1930 in Stolp in Pommern begann: der einer tüchtigen Geigerin und Violinpädagogin. Barbara Koerppen-Boehr ist heimgegangen.
An der Hochschule für Musik und Theater Hannover schnitten sich unsere Lebenswege. Als wir uns dann nach zirka 40 Jahren anlässlich eines Treffens professioneller Chorleiter wiedersahen, hatte sie mich fröhlich sofort erkannt. Wir waren uns beide sympathisch, sie, die Geigenprofessorin an der Hochschule für Musik und Theater Hannover, und ich, der Student, der mit ihr im Jugendsinfonieorchester Hannover mitwirkte.
Auf die Hochschullehrerin konnte man sich verlassen, sie war immer freundlich, gut gelaunt und doch leistungsorientiert. Waren es tiefere Schwingungen? Erst sehr viel später, ja zu spät, erfuhr ich, dass sie, wie meine Familie, aus Stolp stammte. Allerdings schon 1939, im Rückblick rechtzeitig, zog sie nach Hannover, wohin ihr Vater, ein Jurist, versetzt wurde. Ihre geliebte Geigenlehrerin Gabriele Peters musste sie mit Stolp zurücklassen.
Mit fünf Jahren begann sie das Geigenspiel, 1948 bestand sie die Aufnahmeprüfung zum Vorgängerinstitut der Musikhochschule Hannover. Noch als Studentin lernte Barbara ihren späteren Ehemann kennen, den Komponisten Alfred Koerppen. Die beiden heirateten im Juli 1961, und es folgten sechs Jahrzehnte engster künstlerischer Zusammenarbeit. Er verstarb im vergangenen Jahr in hohem Alter, sie hat ihn nicht einmal ein Jahr überlebt. Sie waren bis zu seinem Heimgang ein glückliches Ehepaar.
Die beiden lebten in Burgdorf bei Hannover und unterrichteten an der Musikhochschule Hannover. In der vorlesungsfreien Zeit konnte man sie oft in Sezze Romana in der italienischen Region Latium finden. Dort hatten sie sich ihr Traumhaus gebaut.
1963 erhielt Koerppen-Boehr eine Dozentur an der Musikhochschule Hannover, 1973 wurde sie zur Professorin ernannt. Es waren Jahre des Aufbaus des Instituts: Da hat sie sich vielfältig eingebracht. Sie gründete das Kammerorchester Barbara Koerppen und mit anderen zusammen das Jugendsinfonieorchester Hannover. Die konzertierende Künstlerin erhielt 1965 den Niedersachsenpreis für Musik und 1992 das Bundesverdienstkreuz.
„Ave Maria“ im Duo
Auch wenn sie und ihr Mann sich in den letzten Lebenszeiten besonders und erneut für die Musik Johann Sebastian Bachs begeisterten: In Sezze wird man die beiden erinnern als die Freunde aus dem Norden, die immer wieder auf die vielen Bitten hin und zur großen Freude der Bewohner das „Ave Maria“ von Schubert spielten, Alfredo am Klavier und Barbara auf ihrer Geige. Das mögen sie, die beiden Christen waren, nun in einem anderen Sein tun!
Die Musikhochschule Hannover schrieb in ihrem Nachruf: Eines der letzten großen Projekte der Koerppens war es, die Villa Koerppen in Sezze zu einem Ort für Studienaufenthalte umzugestalten. Wie letzte Worte klang Barbara Koerppens Ansprache zu Beginn des Konzertes aus Anlass des 20-jährigen Bestehens der von ihr und ihrem Mann gegründeten „Alfred Koerppen Stiftung“ am 26. November 2022 in der Hochschule.
Nun starb sie in Burgdorf. Wir trauern um sie und werden ihrer dankbar gedenken.


