15.11.2025

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Folge 35-23 vom 01. September 2023 / Politik / Bundesrepublik im Abseits / Martin Grosch skizziert in „Geopolitische Machtspiele“, wie Deutschland seine sicherheitspolitischen Interessen vernachlässigt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-23 vom 01. September 2023

Politik
Bundesrepublik im Abseits
Martin Grosch skizziert in „Geopolitische Machtspiele“, wie Deutschland seine sicherheitspolitischen Interessen vernachlässigt
Wolfgang Kaufmann

Der Historiker und Bundeswehr-Oberstleutnant Martin Grosch hat mit „Geopolitische Machtspiele“ ein Buch vorgelegt, dessen Untertitel schon sehr präzise beschreibt, worum es geht: „Wie China, Russland und die USA sich in Stellung bringen und Europa immer stärker ins Abseits gerät“. Wobei mit „Europa“ auch und gerade die Bundesrepublik gemeint ist.

Grosch liegt völlig richtig, wenn er konstatiert, dass „sich Deutschland bis heute mehr als schwer“ tue, „seine vitalen sicherheitspolitischen Grundinteressen klar zu artikulieren“. Denn weder die Bundesregierung noch das Gros der Bevölkerung zeigen Interesse an den außen- und geopolitischen Herausforderungen, die aus der Mittellage unseres Landes in Europa herrühren – und im Falle mancher Politiker mangelt es neben dem Interesse augenscheinlich auch an der entsprechenden Kompetenz. Das veranlasst Grosch zu dem Schluss: Aufgrund des Fehlens einer starken Geopolitik drohe Deutschland genau wie dem Rest Europas der Absturz in die globale Bedeutungslosigkeit.

Allerdings glaubt der Autor – und da spricht wohl sicher der Staatsdiener aus ihm – an die Fähigkeit der derzeitigen Bundesregierung, angesichts des russischen Einmarsches in der Ukraine willens und in der Lage zu sein, einen Paradigmenwechsel zu vollziehen. Das kann man aber durchaus auch anders sehen. So deutet der mangelnde Schutz wichtiger Infrastruktureinrichtungen wie der Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2, durch den es kein Problem war, die Gasleitungen zu sprengen, auf anhaltende geopolitische Unbedarftheit hin.

Ansonsten ist das Buch durchaus lesenswert, denn es liefert einen gut strukturierten Überblick über das Thema Geopolitik beziehungsweise die aktuellen geopolitischen Problemlagen, die aus den Faktoren geographische Lage, Landschaftsrelief, Klima und Zugang zu Bodenschätzen sowie den Wechselbeziehungen zwischen Staat und Raum resultieren. 

Dabei nimmt Grosch vor allem China, Indien, Pakistan, Russland, den „ewigen Konfliktherd“ Naher Osten, die Türkei und Afrika ins Visier, bevor er sich dem Westen zuwendet und die EU als „geopolitischen Papiertiger“ entlarvt. Zum Schluss stellt der Autor die Frage: „Mit welchem Erfolg waren wir in Afghanistan?“ Dabei lautet die Antwort, dass der milliardenteure Einsatz am Hindukusch mit 59 gefallenen deutschen Soldaten ein einziges „Desaster“ gewesen sei, was aber nicht aus dem Versagen der Bundeswehr vor Ort, sondern der Politiker in Berlin resultiere. 

Martin Grosch: „Geopolitische Machtspiele. Wie China, Russland und die USA sich in Stellung bringen und Europa immer stärker ins Abseits gerät“, Lau-Verlag, Reinbek 2022, broschiert, 339 Seiten, 28 Euro