In der Diskussion um die Einführung von stationären Kontrollen an der Grenze zu Tschechien und Polen rückt zunehmend das Thema der Schleuserkriminalität in den Fokus. Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) hat am 25. September bei einem Pressetermin an einer Kontrollstelle bei Roggosen (Landkreis Spree-Neiße) eine Zwischenbilanz des Einsatzes der Landespolizei in der Grenzregion gezogen. Nach gut zwei Wochen Einsatz der Beamten im grenznahen Raum war der Minister positiv gestimmt: „Seit Beginn der verstärkten Kontrollen sind in enger Zusammenarbeit mit der Bundespolizei bisher fast 550 illegal eingereiste Personen und acht mutmaßliche Schleuser aufgegriffen worden.“
Bei den Tatverdächtigen handelt es sich um Personen niederländischer, tunesischer, rumänischer, georgischer, türkischer und polnischer Nationalität. Als Beispiel für einen Fahndungserfolg führte Stübgen den Fall eines Schleusers an, der „mit 24 Flüchtlingen in einem kleinen Transporter ins Netz gegangen“ ist. Stübgen sagte: „Mit jedem gefassten Schleuser werden weitere Einschleusungen von dutzenden Flüchtlingen verhindert, die unter teilweise lebensbedrohlichen Umständen von skrupellosen Schleuserbanden nach Deutschland gebracht werden.“
Stübgen verband dies mit der erneuten Forderung an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), endlich stationäre Grenzkontrollen einzuführen. Solche Kontrollen direkt an der Grenze dürfen nur von der Bundespolizei, nicht aber von Landespolizisten, durchgeführt werden.
Faeser hat nach langer Ablehnung inzwischen angekündigt, die Bundespolizei werde „zusätzliche flexible Schwerpunktkontrollen an den Schleuserrouten an den Grenzen zu Polen und Tschechien“ vornehmen. Die Frage, wie wirksam solche Kontrollen gegen illegale Einwanderung sind, ist heftig umstritten. Benjamin Raschke, Fraktionschef der Grünen im Brandenburger Landtag, sprach in diesem Zusammenhang von einer „Scheindebatte“. Der Grüne sagte: „Auch durch schärfere Kontrollen können die Menschen rechtlich nicht an der Grenze zwischen Brandenburg und Polen zurückgewiesen werden.“
Sind direkte Zurückweisungen rechtswidrig?
Ein neues Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 21. September scheint den Grünen-Politiker zu bestätigen. Geklagt hatten unter anderem Asylrechts-Anwälte gegen eine Verordnung in Frankreich, wonach mit der sogenannten Drittstaatsangehörigen schon an der EU-Binnengrenze die Einreise nach Frankreich verweigert werden kann. In ihrer Entscheidung befanden die Richter, dass solche Zurückweisungen „regelmäßig rechtswidrig“ seien. Nach Meinung der Richter gilt dies sogar für den Fall, dass die betreffenden Personen kein Asylgesuch stellen.
Diese Entscheidung steht im scharfen Kontrast zu dem, was im Jahr 1993 der Deutsche Bundestag im sogenannten Asylkompromiss beschlossen und sogar ins Grundgesetz geschrieben hat. Damals hatten Union und SPD vereinbart, dass Ausländer, die sich vorher in anderen EU-Staaten oder sicheren Drittstaaten aufgehalten haben, keinen Anspruch darauf haben, in der Bundesrepublik einen Asylantrag zu stellen. H.M.


