Anfang vergangenen Monats hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj den bisherigen Verteidigungsminister Oleksij Resnikow durch Rustem Umerow ersetzt. Resnikow musste gehen, weil er nicht fähig war, gegen die Korruption und Verschwendung in den Streitkräften Kiews vorzugehen. Allerdings scheint hinter der Ernennung von Umerow mehr zu stecken als nur der Versuch, den ausländischen Geldgebern zu suggerieren, dass beim ukrainischen Militär künftig Ordnung in finanziellen Dingen herrschen werde.
Umerow, der 1982 im usbekischen Samarkand geboren wurde, entstammt einer krimtatarischen Familie, die 1944 im Zuge der Stalinschen Deportationen nach Usbekistan kam und erst um 1990 aus dem Zwangsexil in die Ukraine zurückkehrte. Das macht den praktizierenden Muslim, der einen Bachelor-Abschluss in Wirtschaftswissenschaften und einem Master-Abschluss im Finanzwesen besitzt und 2013 zusammen mit Aslan Ömer Qırımlı die Investmentgesellschaft ASTEM gründete, zu einem erbitterten Widersacher Russlands und glühenden Verfechter der Rückgewinnung der Krim.
Der angebliche Ex-Stipendiat eines US-Programms für künftige Führungskräfte konnte ein verzweigtes internationales Netzwerk knüpfen. Dabei half ihm seine perfekte Beherrschung des Türkischen und Englischen. So ist er unter anderem Co-Vorsitzender der beiden Gruppen für interparlamentarische Beziehungen zu Saudi-Arabien und zur Türkei sowie ein enger Vertrauter des neuen türkischen Außenministers Hakan Fidan, der zuvor 13 Jahre lang den Inlandsgeheimdienst MIT geleitet hatte.
Ebenso kurz scheint Umerows Draht ins Königreich Saudi-Arabien und in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) zu sein. So erreichte er eine Einladung Selenskyjs zum Gipfel der Arabischen Liga im Mai, obwohl die arabischen Länder gute Beziehungen zur Russischen Föderation pflegen.
Vor diesem Hintergrund scheint unerheblich zu sein, dass Umerow keinerlei militärische Erfahrungen besitzt und vor seiner Ernennung zum Verteidigungsminister den ukrainischen Staatsvermögensfonds leitete, dessen Aufgabe darin besteht, die rund 3000 Staatsunternehmen zu verwalten und zu privatisieren.
Allerdings könnte Umerow trotzdem schneller stolpern als von manchen gedacht. Denn in seiner Eigenschaft als Chef des staatlichen Fonds soll er aktiv dazu beigetragen haben, den Diebstahl von Staatseigentum zu verschleiern. Dabei ging es angeblich um die Lieferung von verbilligtem Strom an bestimmte Unternehmen. Auf jeden Fall wies der Oberste Anti-Korruptions-Gerichtshof des Landes das Nationale Anti-Korruptions-Büro (NABU) am 25. August an, ein Ermittlungsverfahren gegen Umerow einzuleiten.
Nachdem die Kiewer Zeitung „Fakty i Kommentarii“ dies berichtet hatte, veröffentlichte die Leiterin der Abteilung für Information und Presse des russischen Außenministeriums, Marija Sacharowa, einen Kommentar, in dem es heißt: „Selenskyj hat also einen Verteidigungsminister wegen Korruption entlassen, ohne eine Untersuchung einzuleiten, und an seiner Stelle einen anderen ernannt, gegen den ein Verfahren wegen Korruption läuft.“