17.11.2025

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Folge 41-23 vom 13. Oktober 2023 / Türkei / Dreifacher Jahrestag des Mustafa Kemal Pascha / Atatürk machte vor 100 Jahren sein Land zur Republik, Angora zu seiner Hauptstadt und die Villa eines Armeniers zu seinem Amtssitz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-23 vom 13. Oktober 2023

Türkei
Dreifacher Jahrestag des Mustafa Kemal Pascha
Atatürk machte vor 100 Jahren sein Land zur Republik, Angora zu seiner Hauptstadt und die Villa eines Armeniers zu seinem Amtssitz
Bodo Bost

Vor 570 Jahren, 1453, eroberten die Osmanen Konstantinopel und machten die vom römischen Kaiser Konstantin gegründete vormalige Metropole des Oströmischen Reiches zu ihrer Hauptstadt. 470 Jahre später, am 13. Oktober 1923, wurde das bis 1915 noch mehrheitlich von Armeniern bewohnte Angora zur Hauptstadt der 16 Tage später von Mustafa Kemal Pascha ausgerufenen Republik Türkei. Mit eigenen Städtegründungen hatten es die aus Zentralasien stammenden Türken, die dort in Zeltsiedlungen gelebt hatten, nicht so. Ihre Baumeister waren die Griechen und Armenier, die es seit 1915 nicht mehr gab, weil man sie umgebracht oder vertrieben hatte.

Ohne die Armenier war die Stadt, die durch die Angora-Wolle reich geworden war, zwar am Zerfallen, aber wegen ihrer hohen geschichtlichen und geographischen Bedeutung sowie des großen Leerstands von prächtigen armenischen Villen geriet sie ins Visier des später „Atatürk“ (Vater der Türken) genannten Gründers der modernen Türkei. Die vormalige Jungtürkische Partei, die für den Völkermord an den Armeniern 1915 verantwortlich war, spielte seit 1920 eine dominierende Rolle bei der Organisierung von Atatürks Nationalbewegung. Eine wichtige Trägerschicht derselben waren jene türkischen Staatsbürger, die sich den Besitz der vertriebenen bezeihungsweise ermordeten Armenier angeeignet hatten und daran interessiert waren, ihn dauerhaft zu behalten.

Am 23. April 1920, zu Beginn des türkischen Befreiungskampfes gegen die Besatzungstruppen der Briten, Griechen, Franzosen und Italiener, wurde in Angora das neue Parlament eröffnet. Am 19. September 1920 erklärte die türkische Nationalregierung in Angora der 1918 von den Alliierten geschaffenen unabhängigen Demokratischen Republik Armenien den Krieg. Man wollte auch den Kaukasus „armenierrein“ machen. Diese Aufgabe hat heute das aserbaidschanische „Brudervolk“ zumindest in Bergkarabach übernommen. 

In Angora beschloss die türkische Nationalversammlung am 1. November 1922 unter Mustafa Kemal auch die Abschaffung der Monarchie und zwang damit Sultan Muhammad VI. zum Rücktritt. Letzterer dankte am 17. November 1922 offiziell ab. Da „Angora“ Kemal Atatürk als armenisch belastet erschien und der alte türkische Name „Engüriye“ ihm nicht westlich genug klang, erhielt die Stadt am 28. März 1930 als offizielle Bezeichnung den Atatürk genügend westlich klingenden neuen Kunstnamen „Ankara“.

Zu seinem Amtssitz als erster Präsident der Republik Türkei wählte Atatürk die Villa des armenischen Juweliers und Händlers Ohannes Kasabian, die in „Çankaya-Villa“ umbenannt wurde. Damit zeigte auch Atatürk, was er von den Armeniern hielt. 2014 zog der damalige und heutige Präsident, Recep Tayyip Erdoğan, in den neugeschaffenen Präsidentschaftspalast um. Die Çankaya-Villa dient heute als Amtssitz des Vizepräsidenten.

In Ankara erinnert heute fast nichts mehr an die einstigen armenischen Bewohner. Die drei Bischofssitze inklusive Kirchen sind längst verschwunden. Der Genozid war auch religiös und kulturell total.