Die Europäische Kommission hat im Verlauf dieses Jahres zwei Entwürfe für EU-Richtlinien vorgelegt, in denen es sowohl um die Einführung des Digitalen Euro als auch um den Status der gesetzlichen Zahlungsmittel Euro-Banknoten und Euro-Münzen geht. Aus beiden Papieren wird das Bemühen der EU-Kommission ersichtlich, die digitale Variante des europäischen Zentralbankgeldes deutlich besser zu stellen als den physisch existierenden Euro.
So soll der Digitale Euro zweites gesetzliches Zahlungsmittel werden – verbunden mit dem Verbot, die Annahme der digitalen Währung durch eine einseitige Erklärung des Zahlungsempfängers in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen auszuschließen. Gleichzeitig besagt der Entwurf der Bargeldrichtline, dass Händler und Behörden weiterhin das Recht haben müssten, Barzahlungen von Vornherein abzulehnen. Dabei sieht die EU-Kommission nur eine einzige Hintertür vor, um die völlige Verdrängung des Bargeldes im Geschäftsverkehr zu vermeiden: Wenn die Bargeldannahmeverweigerung solche Ausmaße erreichen sollte, dass Bargeld in der Praxis gar nicht mehr als Zahlungsmittel taugt, dann hätten die nationalen Regierungen das Recht, Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
Diese Vorschläge sind nun auf heftige Kritik von Seiten der Europäischen Zen-tralbank (EZB) gestoßen. So schrieb die EZB in ihrer Stellungnahme zum Entwurf der Bargeldrichtlinie: „Es sollte eine neue Bestimmung in den Verordnungsvorschlag aufgenommen werden, die klarstellt, dass der einseitige Ausschluss von Bargeld im Voraus verboten ist.“ Und das müsse auch und gerade für Vertragsbedingungen gelten, „die nicht individuell ausgehandelt wurden (zum Beispiel vorformulierte Standardverträge). Darüber hinaus sollte … festgelegt werden, dass die Beweislast einer vorherigen Vereinbarung zwischen dem Zahler und dem Zahlungsempfänger über ein anderes Zahlungsmittel als Bargeld beim Zahlungsempfänger liegt.“ Des Weiteren drängte die EZB auf eine Anpassung der „Erwägungsgründe des Verordnungsvorschlags …, um klarzustellen, dass die von öffentlichen Stellen angewandten ‚Kein-Bargeld‘-Praktiken ebenfalls in den Anwendungsbereich des Verordnungsvorschlags fallen und daher verboten sind.“
Damit vollzog die EZB eine Wende um 180 Grad, denn bislang hatte sie gemeinsam mit der EU-Kommission gegen den Bargeldgebrauch agitiert. Daraus erwächst die Frage nach der Ursache des Sinneswandels – zumal weder die amtierende EZB-Chefin Christine Lagarde noch der Zuständige für den Zahlungsverkehr und die EU-Banknoten in der EZB, Fabio Panetta, als Verteidiger der Bargeldes gelten. Gibt es möglicherweise interne Richtungsstreitigkeiten in der Führung der Europäischen Zentralbank, aus denen dann die Stellungnahme resultierte?
Oder ist das Ganze nur ein Täuschungsmanöver, um zu verhindern, dass andere EU-Staaten dem Beispiel der Slowakei folgen, deren Parlament am 15. Juni eine Verfassungsänderung beschlossen hatte, welcher zufolge die Annahme von Bargeld im Lande künftig verpflichtend sein soll.


