15.11.2025

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Folge 47-23 vom 24. November 2023 / Großbritannien / Britische Konservative im Abstiegskampf / Die Kabinettsumbildung hilft Premier Sunak wenig – Gaza-Streit erschüttert Labour

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-23 vom 24. November 2023

Großbritannien
Britische Konservative im Abstiegskampf
Die Kabinettsumbildung hilft Premier Sunak wenig – Gaza-Streit erschüttert Labour
Claudia Hansen

Die britische Tory-Partei stolpert und schleppt sich dem Ende ihrer Regierungszeit zu. Die Umfragen sind so schlecht, dass eine Wahlniederlage und ein Sieg der Labour-Opposition in einem Jahr fast als sicher erscheint. Premierminister Rishi Sunak versuchte durch eine große Kabinettsumbildung vergangene Woche noch einmal Schwung zu nehmen. Überraschend holte er den ehemaligen Premier David Cameron zurück in die Politik und machte ihn zum Außenminister. Dafür wurde der Politrentner rasch zum Lord ernannt, damit er im Oberhaus einen Sitz erhält und so Kabinettsmitglied werden kann. Der 57-Jährige war im Juni 2016 nach dem Brexit-Votum zurückgetreten. Er gilt als Vertreter der politischen Mitte. Seine Rückkehr wurde zwar im Establishment beklatscht, löste aber auf dem rechtskonservativen Parteiflügel keine Begeisterung aus.

Mit der Entlassung von Innenministerin Suella Braverman hat Sunak das Tischtuch zu den Parteirechten komplett zerschnitten. Er hatte Braverman, die für einen immigrationskritischen Kurs steht, in seinem Kabinett gehalten, damit sie den rechten Flügel sichere. Nun haben sie sich zerstritten. Ein Zeitungsartikel in der „Times“, in dem sie die Polizei für ihr Verhalten bei den großen propalästinensischen Demonstrationen kritisierte, führte zum Bruch. Zuvor hatte sie mit umstrittenen Äußerungen zu Obdachlosen und Warnungen vor einem „Tsunami von Flüchtlingen“ in der linken und liberalen Presse heftige Kritik auf sich gezogen.

Ein Desaster ist für die Regierung Sunak, dass ihr Asylanten-Abschiebeplan vom Obersten Gerichtshof für rechtswidrig erklärt wurde. Sie wollte illegal über den Ärmelkanal ankommende Asylbewerber direkt nach Ruanda abschieben, doch die Richter am Supreme Court erklärten, dies verstoße gegen internationale Verpflichtungen und Menschenrechte. Der Plan stammte noch aus der Zeit von Boris Johnson. Der neue Innenminister James Cleverly will durch einen neuen Vertrag mit Ruanda doch noch Abschiebungen ermöglichen. Das Publikum verliert aber langsam den Glauben daran.

Unterdessen kämpft die Labour-Partei mit eigenen Problemen. Sie wurde von einem Streit über ihre Haltung zu Israel und zur Hamas zerrissen. Parteichef Keir Starmer musste vergangene Woche eine schwere Rebellion überstehen. Entgegen der ausdrücklichen Anweisung der Parteispitze stimmten 56 Parlamentsabgeordnete für einen Antrag der Scottish National Party (SNP), der zu einem Waffenstillstand in Gaza zwischen Israel und der Hamas aufrief. Starmer hatte Enthaltungen gefordert. Doch fast ein Drittel seiner Abgeordneten widersetzte sich. Acht Mitglieder des Schattenkabinetts sind zurückgetreten oder wurden gefeuert, darunter Jess Phillips aus Birmingham sowie Yasmin Qureshi, Naz Shah, Helen Hayes und Afzal Khan. Viele der Pro-Palästina-Rebellen sind Muslime oder vertreten Wahlkreise mit hohem Muslim-Anteil. Bei einer propalästinensischen Großdemonstration Mitte November gingen rund 300.000 Menschen in London auf die Straße. Israelfreund Starmer hat sich den Zorn vieler Aktivisten zugezogen.