Sie heißen „Fleetwood Enforcers“, „Guardian Angels“, „Stop Stings“, „Children’s Voices“, „Groom Resisters Scotland“, „Soul Survivors“ oder „Trap Group“ und haben allesamt nur ein Ziel: Pädophile zu stellen und hinter Gitter zu bringen. Hinter den Namen verbergen sich private Kinderschutzgruppen in Großbritannien, welche aktiv geworden sind, weil der chronisch überlasteten und unterfinanzierten Polizei oftmals die Möglichkeiten oder der Wille zur Verfolgung der Kriminellen fehlen.
Dabei zeigen Untersuchungen wie die des Internet Watch Forum (IWF), dass sich die Zahl der online gestellten Fotos und Videos von zu sexuellen Handlungen genötigten Kindern in den vergangenen drei Jahren mehr als verzehnfacht hat. Dennoch kritisiert die Polizei die Kinderschützer. So äußerte der stellvertretende Polizeipräsident von Bedfordshire, Dan Vajzovic, gegenüber der BBC: „Insgesamt ist die Aktivität dieser Gruppen nicht positiv.“ Das begründete er unter anderem damit, dass die privaten Initiativen Polizeiressourcen beanspruchten, die man für die Verfolgung „wichtigerer Straftaten“ benötige.
Allerdings hat der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreichs 2020 ein richtungweisendes Urteil gefällt, demzufolge das Vorgehen der Pädophilenjäger rechtmäßig sei und die von diesen gesammelten Beweise in Strafprozessen verwendet werden dürften, denn der Schutz von Kindern habe Vorrang vor den Interessen von Kriminellen. Als Kläger trat damals ein gewisser Mark Sutherland auf, der den „Groom Resisters Scotland“ in die Falle gegangen war und nicht ins Gefängnis wollte.
Zu den spektakulärsten Erfolgen der britischen Kinderschützer zählt die Bloßstellung des prominenten „Drag-Künstlers“ und Organisators von zahlreichen LGBTQ-Veranstaltungen, Andrew Way alias Miss Gin. Dieser hatte sexualisierte Nachrichten an eine Person geschickt, die er für einen 14-jährigen Jungen hielt, war dabei aber an Aktivisten geraten, welche sein Treiben live auf Facebook zeigten. Way erhielt jetzt 34 Monate Haft.
Insgesamt stellen die Aktivisten pro Jahr um die 1500 Pädophile. 2023 wurden bislang aber nur rund 150 davon verhaftet und angeklagt. Das heißt, längst nicht alle Anzeigen führen auch zu einer strafrechtlichen Verfolgung, was ebenfalls an den begrenzten staatlichen Kapazitäten liegt. So vergeht stets sehr viel Zeit, bis die Verfahren eröffnet werden, weil die Sammlung der Beweise beziehungsweise die Auswertung der von den Ermittlern gesicherten Daten auf den Rechnern und Mobiltelefonen der Verdächtigen bis zu drei Jahre dauert.
Außerdem gelingt es etlichen Beschuldigten, der Justiz zu entkommen, indem sie geltend machen, dass sie von den Pädophilenjägern physisch attackiert wurden oder infolge von deren Enthüllungen suizidgefährdet seien. Aus all diesen Gründen zeigt sich die Geschäftsführerin des IWF, Susie Hargreaves, wenig optimistisch, was die Zukunft der Bekämpfung der Pädophilie in Großbritannien betrifft: „Man kann den Geist nicht zurück in die Flasche drängen.“ W.K.


