Neben den Grünen sind vor allem Politiker und Mitglieder der AfD von Bedrohungen und tätlichen Angriffen betroffen. Laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage registrierten die Behörden im ersten Halbjahr 2023 bundesweit 349 Straftaten gegen Politiker und Parteimitglieder. Von 24 Körperverletzungsdelikten, die im ersten Halbjahr gemeldet wurden, bezogen sich 19 auf AfD-Mitglieder. Nicht nur diese Entwicklung kann bei geschichtsbewussten Beobachtern Erinnerungen an Verhältnisse wie in der Weimarer Republik wecken.
Auch in den Parlamenten nimmt die politische Auseinandersetzung mittlerweile sehr extreme Formen an. Im Landtag von Brandenburg produzierte Sebastian Walter, der Chef der Linke-Fraktion, Ende November während einer Debatte über Antisemitismus einen Eklat. Während einer Rede des AfD-Fraktionschefs Hans-Christoph Berndt rief Sebastian Walter an Landtagsvizepräsident Andreas Galau (AfD) gewandt: „Du triffst dich doch mit Antisemiten, du Nazischwein!“
Galau spricht von Verleumdung
Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) hatte nach eigenen Angaben die Äußerungen des Linken nicht gehört. Walter bestätigte dann allerdings selbst, dass er Galau und auch dessen Fraktionschef Berndt für „Nazis“ halte. Daraufhin verhängte die Landtagspräsidentin einen Ordnungsruf. Bereits am Vortag war der Linke-Politiker mit einer beleidigenden Wortwahl aufgefallen. Gemünzt auf die beiden promovierten AfD-Abgeordneten Berndt und Philip Zeschmann hatte Walter von „Doktoren des Teufels“ gesprochen.
Nach dem Eklat am Folgetag verlangte Landtagsvize Galau eine Sondersitzung des Parlamentspräsidiums und kündigte an, möglicherweise Strafanzeige gegen den Linke-Politiker zu stellen. Einige Tage später ging Galau auf einer Pressekonferenz auf juristische Besonderheiten des Falls ein.
Er betonte, die Anzeige gegen Walter werde von Juristen ausgearbeitet, damit sie „hieb- und stichfest“ werde. Galau ging dabei auch auf die sogenannte Indemnität ein. Dieser Grundsatz der Strafausschließung soll verhindern, dass Abgeordnete wegen ihres Abstimmungsverhaltens oder wegen ihrer Äußerungen im Parlament verfolgt werden können. Ausdrücklich nicht unter Schutz stellt Brandenburgs Landtag allerdings „verleumderische Beleidigungen“. Galau zeigte sich sicher, dass es sich bei dem Begriff „Nazi-Schwein“ um eine Verleumdung und Beleidigung handle.
Walter legte wenige Tage nach dem Eklat mit seinen Angriffen gegen die AfD noch einmal nach. In einem Interview bezeichnete er die Partei als „parlamentarischen Arm des Rechtsterrorismus“ und forderte ein Verbot der AfD. Er begründete seine Forderung unter anderem mit dem Hinweis auf Lehren aus der Weimarer Republik und der NS-Zeit. Allerdings kann die Verbotsforderung auch unter einem parteipolitischen Aspekt gesehen werden.
Linkspartei sinkt in Umfrage
Sie zielt nämlich auf eine Partei, die laut aktuellen Umfragen bei einer Landtagswahl eindeutiger Wahlsieger wäre. Walters eigene Partei müsste dagegen fürchten, nicht einmal den Wiedereinzug in den Landtag zu schaffen. Dies legt zumindest eine aktuelle Umfrage des INSA-Instituts im Auftrag der „Bild“-Zeitung nahe. Die Besonderheit der Umfrage ist, dass hier erstmalig auch nach den Wahlchancen der angekündigten Wagenknecht-Partei gefragt wurde. Ein „Bündnis Sahra Wagenknecht“ würde laut INSA in Brandenburg auf elf Prozent kommen. Großer Verlierer wäre die Linkspartei, die vier Prozentpunkte verlieren und mit sechs Prozent gerade noch in den Landtag einzöge.
Gegenüber früheren Umfragen mit Ergebnissen von mehr als 30 Prozent verlöre die AfD zwar auch Stimmen. Mit 27 Prozent ginge sie aber noch immer als haushoher Sieger aus Landtagswahlen hervor. Mit deutlichem Abstand folgen die regierende SPD mit nur noch 20 Prozent und die CDU mit 18 Prozent. Die Grünen kämen auf acht Prozent. Freie Wähler und die FDP würden an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern und wären nicht mehr im Potsdamer Landtag vertreten.


