Der Auftritt eines Talibanführers in einer Moschee des Dachverbandes Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DİTİB) in Köln hinterlässt mehr Fragen als Antworten. Er passt zur Strategie der Anbiederung der Türkei an den Gewaltislam, mit dessen Hilfe Recep Tayyip Erdoğan die Atombombe erhalten will.
Mitte November sorgte der Auftritt eines hochrangigen Talibanfunktionärs in einer Kölner DİTİB-Moschee zunächst für Empörung. Abdul Bari Omar, der Leiter der afghanischen Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde, war ganz offiziell mit einem von der holländischen Botschaft in Katar ausgestelltem Schengen-Visum in die EU eingereist und dann ohne Kontrolle von Holland nach Deutschland gekommen, um in einer Kölner Moschee für die Politik der Taliban zu werben.
Nach einem medialen Aufschrei stellte eine Woche später das NRW-Innenministerium fest, dass sein Auftritt keine Straftat darstellt, obwohl die Taliban eine Terrororganisation sind, die von keinem westlichen Staat anerkannt wird. Videomaterial der Rede des Mannes sei gesichert, übersetzt und ausgewertet worden, aber die Rede des Mannes habe kein strafbares Material enthalten. Er war offenbar auch nicht polizeibekannt und konnte deshalb unbehindert wieder ausreisen.
Lavieren zwischen Islam und Terror
Eingeladen war Omar vom „Kulturverein der Kunar Jugendlichen“, der die Veranstaltung organisiert hatte. Dieser Verein war wie Zehntausende andere Schläfervereine aus dem islamischen Milieu bislang noch nicht durch extremistische Tätigkeiten aufgefallen. NRW-Innenminister Herbert Reul verwies auf die Bundesregierung, die klare Regelungen schaffen müsse, um solche Auftritte zu verhindern. Die DİTİB, in deren Moschee in Köln-Chorweiler der Taliban Rederecht hatte und der umstrittene Auftritt stattfand, distanzierte sich nachträglich von diesem. Nach Reul, war auch ein DİTİB-Vorstandsmitglied aus Köln bei dem Taliban-Auftritt anwesend.
Nicht nur seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober, den Erdoğan als Befreiungskampf deklarierte, wundert sich die westliche Welt über seine Türkei. Wie der Iran und Russland sah auch die Türkei die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan nicht negativ. Obwohl die Türkei schon seit Beginn des NATO-Einsatzes 2001 in Afghanistan dabei gewesen war, damals noch unter Erdoğans Vorgänger, verstand sie ihren Einsatz in Afghanistan unter Erdoğan eher als humanitäre Hilfe für eine islamische und turksprachige „Brudernation“. Die Unterstützung für Brudervölker ist für Erdoğan seit dem brüderlichen Beistand für Aserbeidschan im Bergkarabachkonflikt gegen Armenien eine alles überragende Kategorie geworden. Die Türkei war deshalb auch das einzige NATO-Land, das in Afghanistan keine Verluste zu beklagen hatte.
Griff nach der Atombombe
Noch nach der Machtübernahme der Taliban 2021 versuchte die Türkei, die im Rahmen ihrer NATO-Mission 500 Soldaten zur Sicherung des Flughafens von Kabul abgestellt hatte, diese dort zu belassen. Die türkischen Behörden boten der neuen Macht in Kabul ihre Dienste an. Ankara setzt seit 2021 viel Diplomatie ein, um die Taliban für sich zu gewinnen. Die türkische Botschaft in Katar steht in ständigem Kontakt mit der örtlichen Vertretung der Bewegung.
Die Türkei hatte 2018 erstmals bekundet, auch die Atombombe besitzen zu wollen, obwohl die Türkei als NATO-Mitglied den Atomschutz der NATO genießt. Auf legalem Weg dürfte Ankara, das in den letzten Jahren eine immer aggressivere Außenpolitik mit drei militärischen Interventionen im Ausland (Bergkarabach, Libyen und Nordsyrien) verfolgt, die Atombombe nicht bekommen.
Deshalb zielt die türkische Charmeoffensive gegenüber den Taliban eigentlich auf die Atommacht Pakistan, die ihre Atomwaffen illegal aus Nordkorea bekommen hat. Pakistan war auch Schutzmacht und Rückzugsgebiet der Taliban. Auch die „Friedensinitiativen“ Erdoğans in der Ukraine, Tigray und Gaza zielen darauf ab, das international ramponierte Ansehen der Türkei als Krisenmacher durch die Rolle des Friedensbringers aufzupolieren. Doch alle Charmeoffensiven Erdoğans gegenüber den Taliban – dazu gehörte sicher auch der Auftritt eines Talibanführers in der Kölner Moschee unter Trägerschaft der türkischen Religionsbehörde – haben bislang kaum Erfolge für die türkische Strategie erbracht.


