14.12.2025

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Folge 01-24 vom 05. Januar 2024 / Deutsche Wirtschaft / Die riskante Abhängigkeit von problematischen Staaten / Ob Corona-Pandemie oder Ukrainekonflikt – Eine Studie legt offen, dass die Politik der weltweiten Globalisierung gescheitert ist

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-24 vom 05. Januar 2024

Deutsche Wirtschaft
Die riskante Abhängigkeit von problematischen Staaten
Ob Corona-Pandemie oder Ukrainekonflikt – Eine Studie legt offen, dass die Politik der weltweiten Globalisierung gescheitert ist
Peter Entiner

Lange Jahre lag das Augenmerk (nicht nur) der deutschen Wirtschaft darauf, Produktionsstandorte zu suchen, an denen möglichst kostengünstig hergestellt werden konnte. Das betraf auch Länder, in denen man es mit Arbeitnehmerschutz und Menschenrechten nicht so eng sah. 

Das neue Lieferkettengesetz der EU soll dem einen Riegel vorschieben, doch es gibt auch Faktoren, die für Probleme sorgen können, die man nicht durch ein Gesetz regulieren kann. Als in der Ukraine der Krieg ausbrach, stellte die deutsche Öffentlichkeit ziemlich überrascht fest, dass man zur Energieversorgung vom russischen Gas abhängig war. Und als zuvor in China die Corona-Pandemie ihren Lauf nahm und die Asiaten ein striktes Ein- wie Ausfuhrverbot von Waren durchsetzten, fehlten in Deutschland plötzlich Arzneimittel. 

Seitdem ist Resilienz ein häufig gebrauchtes Wort. Deutschlands Wirtschaft solle widerstandsfähiger und unabhängiger werden von politischen Faktoren. Einseitige Handelsbeziehungen könnten verstärkt als Waffe gegen die Handelspartner eingesetzt werden, so die Befürchtung. Viele Unternehmen strukturieren ihre Lieferketten deshalb neu. 

Neues Lieferkettengesetz der EU

Auf politischer Ebene ist längst eine Diskussion über strategische Abhängigkeiten entbrannt. Eine neue Studie will nun Aufschluss darüber geben, welche Industriezweige besonders abhängig von Staaten sind, die man als „unzuverlässig“ einzustufen könnte. Die Ökonomen Claus Michelsen und Simon Junker haben die Studie für den Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) erstellt. „Die internationale Arbeitsteilung hat sich als höchst anfällig für Störungen erwiesen. Zu unsicher erscheint die bisherige Handelsstruktur und das Risiko, dass einzelne wichtige Lieferanten ausfallen“, heißt es in der Studie, die einen interessanten Blick in die Vergangenheit richtet. 

Nach dem Ende des Kalten Krieges und dem Wegfall der politischen Blockbildung habe die Globalisierung in den 1990er Jahren einen kräftigen Schub erfahren. Die zunehmende Integration Russlands und Chinas in weltweite Wertschöpfungsstrukturen habe Europa Zugang zu enormen, vielfach günstigen Energie- und Rohstoffvorkommen sowie zusätzlichen Fertigungskapazitäten eröffnet. Entsprechend stark sei der Index globaler Integration in den folgenden Jahren angestiegen. Dass derzeit eine neue Debatte darüber entbrannt sei, habe übrigens nicht nur mit der russischen Politik oder der Corona-Pandemie zu tun. Spätestens seit der damalige US-Präsident Donald Trump seine Maxime „America First“ ausgegeben habe, traten die bis dahin unterschwelligen Handelskonflikte offen zu Tage und mündeten in einem offenen Handelskrieg zwischen den USA und China. 

Grundsätzlich sei es schwierig, zwischen Ländern zu unterscheiden, die verlässliche Handelspartner sind, und solchen, bei denen eine hohe Konzentration bei der Einfuhr von Rohstoffen und Waren problematisch erscheint. Um eine solche Klassifizierung vornehmen zu können, haben sich die Studien-Autoren am Abstimmungsverhalten der einzelnen Staaten bei den Vereinten Nationen porientiert. Demnach sind die politischen Interessen von Ländern wie Polen, Australien oder Südkorea nahezu deckungsgleich mit denen der Bundesrepublik. Staaten wie China, der Iran und Venezuela hingegen stehen eher im Widerspruch zu Deutschland. Und: Auch die USA zählen nach dieser Untersuchung nicht zu den verlässlichen Partnern. 

Insgesamt hat die Konzentration der Staaten, aus denen Deutschland Waren importiert, in den vergangenen Jahren zugenommen: Kamen 2008 noch 7,6 Prozent aller Einfuhren der Bundesrepublik aus China, waren es im vergangenen Jahr schon 12,8 Prozent. Auch die Importe aus den Vereinigten Staaten sind angestiegen. 

Die einzelnen Branchen sind allerdings höchst unterschiedlich betroffen. Importe aus dem Bereich der Elektrotechnik kamen im vergangenen Jahr zu 92 Prozent aus problematischen Ländern, was die Autoren vor allem auf die Abhängigkeit von China zurückführen. „Die Analyse zeigt, dass Konzentrationen in den Zuliefererstrukturen der Industrie Deutschlands durchaus markant sind. Dies trifft aber nicht für das verarbeitende Gewerbe in Gänze zu, sondern zeigt sich insbesondere dort, wo entweder Rohstoffvorkommen oder bestimmte technologische und Fertigungskompetenzen konzentriert sind“, schreiben die Autoren und stellen als Fazit fest, die deutsche Wirtschaft sei nicht in Gänze abhängig, aber doch in wichtigen Branchen. Augenfällig sei dies bei Öl- und Gasimporten, in der Elektronik, aber in gewissem Umfang auch in der pharmazeutischen Industrie. Inwieweit dieses Fazit interessegeleitet ist, sei dahingestellt, kann es doch dem Auftraggeber der Studie als Interessenvertretung von 48 (Stand Januar 2023) Pharmaunternehmen in Deutschland nicht egal sein, ob in der Bundesrepublik die einheimische Pharmaindustrie ausländischer Konkurrenz schutzlos ausgesetzt oder aber staatlich protegiert wird.